Der italienische Chocolatier Andrea Slitti ist weltweit vor allem für seine aromatischen Schokoladen aus selbst erstellten Kakaobohnenmischungen bekannt. Die harmonischen und gleichzeitig geschmacklich intensiven Schokoladenblends gehören neben seinen kakaohaltigen Gianduja-Brotaufstrichen und Tortine (mit ganzen Nüssen gefüllte Schokoladenscheiben unterschiedlicher Geschmacksrichtungen) zur Spezialität des Hauses. Die Schokoladenwerkstatt, die sich heutzutage im toskanischen Monsummano Terme befindet, wurde 1969 in Florenz vom Gründervater Luciano zuerst als Kaffeerösterei gegründet. Erst Ende der 80er Jahre begann Luciano's Sohn Andrea mit der Schokoladenherstellung. Seitdem gehören vor allem die Schokoladen- und Gianduja-Spezialitäten zum Unternehmungsschwerpunkt. In den darauffolgenden Jahren ist dann das Sortiment stetig gewachsen. Aus verlässlichen Quellen (internationale Schokoladenexpertin und Jurorin Monica Meschini, Schokoladenmaschinenproduzent Umberto Boscolo) ist mir bekannt, dass die Produktionsstätte von Slitti seit einigen Jahren ebenfalls über eine für Bean-to-Bar Zwecke spezialisierte Maschinen- und Geräteausrüstung verfügt. Bis dahin war diese Tatsache nicht nur für mich, der sich für solche Einblicke grundsätzlich interessiert, lange Zeit unklar, zumal das Unternehmen Slitti in dieser Hinsicht kommunikationstechnisch (z. B. via soziale Medien) sehr zurückhaltend ist. Slitti macht den Anschein, bewusst (oder auch nicht) als eigenbrötlerisches Mysterium in der Schokoladenwelt aufzutreten, was keineswegs per se für schlecht erachtet werden muss. Mit den neuen Erkenntnissen ist mir zumindest klarer geworden, dass ein Großteil der Produkte, insbesondere die verschiedenen Schokoladentafeln (Blends, Single-Origin), nach Bean-to-Bar-Manier hergestellt wird.
Demzufolge werden vor ihrer Weiterverarbeitung nicht nur die Kakaobohnen in Monsummano Terme geröstet, denn nach wie vor gibt es die hauseigene Kaffeerösterei mit diversen Kaffeespezialitäten (Mischungen sowie spezielle Herkunftskaffees), die, wie es scheint, von einer ähnlich hohen Qualität wie die Schokoladen sind. Schon sein Vater war in den Anfangsjahren ein leidenschaftlicher Qualitätsverfechter in Sachen Kaffee. Daher wurden - der größeren Aromenbeeinflussung wegen - von Beginn an die Kaffeebohnen im eigenen Betrieb geröstet.
Andrea Slitti - Mysteriöser Schokoladenperfektionist und Geheimnishüter
Über Andrea Slitti kann gesagt werden, dass er seine Schokoladenproduktion sehr perfektionistisch betreibt und daher oft nach neuen, innovativen Methoden greift, um seine Produkte stetig zu verbessern. Im Gegensatz zum Großteil der Schokoladenhersteller aus der gerade aufstrebenden Bean-to-Bar-Szene gibt Andrea Slitti ungern seine eigens entwickelten Produktionsabläufe und -prozesse preis. Der Schokoladengeräte-Hersteller Umberto Boscolo entwickelte sogar für den Chocolatier Produktionsmaschinen, die seinen individuellen Bedürfnissen und Visionen entsprechen. "Andrea Slitti mag es nicht, seine Geheimnisse der Öffentlichkeit zu zeigen und zu erklären. Als er beispielsweise seine dunkle Milchschokolade mit einem sehr hohen Kakaoanteil auf den Markt brachte, versuchte anschließend ein Großkonzern seine Innovation nachzumachen.", erzählte Boscolo. Nachdem ich unter anderem Slitti's dunkle Schokoladenblends mit 73 und 82 Prozent Kakaoanteil selbst probiert habe, kann ich verständlicherweise umso mehr nachvollziehen, warum der Italiener seine Rezepte und Herstellungsmethoden auf keinen Fall verraten möchte. Die Schokoladen sind in aromatischer Hinsicht derart gekonnt ausbalanciert, ohne dabei fade zu schmecken. Die dabei herausstechenden Nuss-, Rahm-, Blumen- und Fruchtaromen werden in ihrer Intensität perfekt getroffen - sie sind weder zu schwach noch zu stark ausgesprägt. "Darüber hinaus verbringt Herr Slitti oft viele Tage in seinem Labor, um an seinen Herstellungsverfahren weiter zu feilen oder neue, bessere Methoden mittels Experimentierversuchen zu entdecken. Es gibt immer etwas Neues, noch bisher nie Dagewesenes, das ich von ihm (Andra Slitti) lernen kann, was ich daraufhin bei der Konzeption neuer Maschinen zur Schokoladenproduktion mitberücksichtige.", fügte der italienische Schokoladenindustrielle hinzu.
Andrea Slitti gehört ohne Zweifel zu der Sorte von Mensch, der immer weiß, was er will. Seine Erfolge sprechen für sich. Auf den bedeutendsten internationalen Schokoladenwettbewerben werden seine Produkte regelmäßig gewürdigt. So erhielt zum Beispiel eines seiner weltweit beliebtesten Produkte, Gianera, eine dunkle Gianduja-Creme mit 56 Prozent Haselnuss- und 22 Prozent Kakaoanteil, bereits mehrfach höchste Auszeichnungen bei den "International Chocolate Awards" sowie bei den "Academy of Chocolate Awards". Zuletzt wurden im Februar 2018 beim Mailänder "Salon du Chocolat" mehrere seiner Schokoladen (u. a. Gran Cacao 73%, Lattenero 45%, Latte 35%) sowie seine Nuss-Nougat-Brotaufstriche "Gianera" und "Riccosa" im Rahmen des italienischen "Tavoletta d'oro" Schokoladenwettbewerbs ausgezeichnet. Schon Anfang der neunziger Jahre erkannte man den geschmacklichen Mehrwert auf renommierten Wettbewerben.
Gourmet-Schokoladen von Slitti
Neben den unter Feinschmeckern beliebten Schokoladenblends mit unterschiedlichen Kakaoanteilen zwischen 60 und 100 Prozent, produziert Slitti auch mehrere Single-Origin-Schokoladen mit Kakaobohnen aus Peru, Ecuador, Madagaskar, Jamaika und Venezuela. Und was die streng gehütete Kakaobohnenmischung für die Blends betrifft, wird zumindest deren Provenienz aus Mittelamerika preisgegeben. Sehr gut gelungen sind auch die 70-prozentigen Ecuador- und Peru-Schokoladen, die zusätzlich mit besonders klein gehackten Kakaonibs veredelt sind, die nur sehr dezent eingesetzt werden. Alle Schokoladen werden puristisch ohne Lecithine und Vanille hergestellt. Dass nur qualitativ bestmögliche Kakaobohnen verwendet werden, versteht sich von selbst. Dennoch wäre es meines Erachtens wünschenswert, wenn in Bezug auf Rohstoffbeschaffung und Partnerschaften mit den Kakaobauern mehr Transparenz gewährt wäre. Das Preis-Leistungs-Verhältnis ist zweifellos sehr gut. Die großen 100 Gramm Tafeln kosten durchschnittlich 5 Euro.
Slitti gehört auch zu den Pionieren von Milchschokoladen mit einem sehr hohen Kakaogehalt. Seine kräftigste Milchschokoladensorte enthält 70 Prozent Kakao (Kakaomasse inklusive Kakaobutter), den Rest der Zutaten dieser besonderen Delikatesse machen nur noch Vollmilchpulver und Zucker aus. Pralinen, diverse mit Schokolade umhüllte Trockenfrüchte und Nüsse sowie "Tortine", die berühmten Schokoladen-Nuss-Scheiben, gehören ebenso zum dauerhaften Sortiment.
Im Folgenden gebe ich meine persönliche Meinung (Punktebewertung) zu vier unterschiedlichen Dunkelschokoladen (Gran Cacao 73%, Gran Cacao 82%, Peru Apurimac 70,% Ecuador 70%) aus dem Slitti-Sortiment, die einen aus meiner Sicht repräsentativen Überblick und Gesamteindruck verschaffen:
Dunkle Slitti-Schokoladen im Geschmackstest
(A) Duftaromen: 18 / 18 Punkte
(B) Geschmacksaromen: 48 / 48 Punkte
(C) Optik: 3 / 3 Punkte
(D) Schmelz: 3 / 3 Punkte
(E) Zutaten: 18 / 18 Punkte
(F) Nachhaltigkeitseinschätzung: 4 / 4 Punkte
(G) Gesamteindruck: 6 / 6 Punkte
Slitti Gran Cacao 73%
Kakaoherkunft: Kakaomischung aus Mittelamerika
Kakaosorte: ortstypische Kakao-Selektionen
A) Duftaromen: intensiv schokoladig, würzig-blumige Aromen 14/18
B) Geschmacksaromen: nussig, Kaffee, Rahm, Sahne, Lakritze, florale Anklänge, leichte Fruchtsäure, kakaoiger Abgang 43/48
C) sehr gut 3/3
D) feinschmelzend 3/3
E) Kakaomasse, Zucker, Kakaobutter: sehr gut: 18/18
F) sehr gut: großer Aufwand und Engagement bei allen Produktionsschritten 4/4
G) Gesamteindruck: 6/6
Gesamtpunkte: 91/100
Fazit: Ein geschmacklich ausgezeichneter Schokoladenblend, der ein ausgewogenes Verhältnis von nussig-rahmigen und blumig-kaffeeigen Aromen zu bieten hat.
Slitti Gran Cacao 82%
Kakaoherkunft: Kakaomischung aus Mittelamerika
Kakaosorte: ortstypische Kakao-Selektionen
A) Duftaromen: blumige, erdige, kräuterige Noten 14/18
B) Geschmacksaromen: nussig, blumig, Rahm, Lakritze, dezente Aromen roter Früchte, generell besonders mild 43/48
C) sehr gut 3/3
D) feinschmelzend 3/3
E) Kakaomasse, Zucker, Kakaobutter: sehr gut: 18/18
F) sehr gut: großer Aufwand und Engagement bei allen Produktionsschritten 4/4
G) Gesamteindruck: 6/6
Gesamtpunkte: 91/100
Fazit: Auch dieser Blend mit einem höheren Kakaoanteil weist vergleichbare Aromen wie seine zuckerhaltigere Interpretation auf. Durch den erhöhten Kakaogehalt kommt hier eine interessante Fruchtsäurenote (rote Früchte) intensiv zum Ausdruck. Darüber hinaus hat die Schokolade einen schönen vollmundigen Charakter und ist gleichzeitig erstaunlich mild.
Slitti Peru Apurimac 70%
Kakaoherkunft: Peru, Region Apurimac
Kakaosorte: ortstypische Kakao-Selektion
A) Duftaromen: dezent fruchtige und blumige Aromen 15/18
B) Geschmacksaromen: nussig, buttrige Anklänge, Sahne, fruchtige Noten, vor allem grüner Apfel, blumig, intensiv schokoladig und würzig im Abgang 44/48
C) sehr gut 3/3
D) feinschmelzend 3/3
E) Kakaomasse, Zucker, Kakaobutter, Kakaonibs (2%): sehr gut: 18/18
F) sehr gut: großer Aufwand und Engagement bei allen Produktionsschritten 4/4
G) Gesamteindruck: 6/6
Gesamtpunkte: 93/100
Fazit: Diese Peru-Schokolade punktet mit angenehmen nussig-sahnigen sowie blumig-fruchtigen Noten, die weder zu schwach noch zu stark rüberkommen. Am deutlichsten kommt hier ein angenehmes Apfelaroma zum Tragen. Dies ist eine wirklich besondere Schokolade, die ich trotz des dezent gehaltenen Kakaonib-Zusatzes, wovon ich kein allzu großer Fan bin, allen Schokoladen-Aficionados wärmstens empfehle.
Slitti Ecuador 70%
Kakaoherkunft: Ecuador
Kakaosorte: Arriba
A) Duftaromen: intensive blumig-grasige und leicht fruchtige Aromen 15/18
B) Geschmacksaromen: nussig, blumig, kräuterig, rote Fruchtnoten, würzig, intensiv schokoladig und würzig im Abgang 43/48
C) sehr gut 3/3
D) feinschmelzend 3/3
E) Kakaomasse, Zucker, Kakaobutter, Kakaonibs (2%): sehr gut: 18/18
F) sehr gut: großer Aufwand und Engagement bei allen Produktionsschritten 4/4
G) Gesamteindruck: 6/6
Gesamtpunkte: 92/100
Fazit: Die Ecuador-Sorte mit Kakaonibs zeigt sich ebenfalls als eine aromatisch ausgewogene Slitti-Schokolade. Ihre blumig-kräuterigen Noten können sehr gut mit Ecuadors terroiretypyischen Bodenfruchtbarkeit assoziiert werden.
Bemerkung: Als unparteiischer Schokoladenblogger vertrete ich keine einzelnen Hersteller oder Vertriebe und richte mich nur nach gutem Geschmack und den Werten der Schokoladenhersteller.
Wenn ich Interesse mit meinen Schokoladenempfehlungen geweckt habe, so möchte ich lediglich als Hilfestellung aufzeigen, wo und wie man derartige Schokoladen kaufen kann. Am leichtesten bekommt man die Schokoladen direkt über den Schokoladen-Onlinehandel (z. B. bei "Chocolat-de-luxe") oder direkt über den unternehmensinternen Onlineshop. Domori-Schokoladen sind in der Regel in breitgefächerten Schokoladenfachgeschäften erhältlich.