Von der Schokoladenmanufaktur "Kiki’s Pralinenwelt" aus Minden gibt es neuerdings eine neue Ursprungs-Schokolade mit hochwertigem Bio-Edelkakao aus Madagaskar. Wie bei den bisherigen Bean-to-Bar Dunkelschokoladen, die von diesem kleinen Familienunternehmen hergestellt werden, handelt es sich auch bei der neuen 70-prozentigen Bio-Sorte um eine kleine Charge von drei Kilogramm, was insgesamt 37 Tafeln ergibt. Obwohl die Tafelanzahl sehr begrenzt ist, ist die Schokolade glücklicherweise noch nicht ausverkauft. Man kann sie direkt über den Onlineshop von "Kiki's Pralinenwelt" bestellen.
Da es in Deutschland immer noch sehr wenige qualitätsbewusste Schokoladenhersteller gibt, die Madagaskar-Kakao zur direkten Schokoladenverarbeitung verwenden (meines Wissens aktuell nur "Coppeneur" und "Timo A. Meyer"), ist es umso erfreulicher, dass sich Arne Homborg dieser Herausforderung gestellt hat, nachdem ich dem Chocolatier insbesondere wegen seines großen Qualitätspotenzials zu diesem Versuch geraten habe. Das erzielte Ergebnis ist geschmacklich und strukturell auf Anhieb sehr gut gelungen, obwohl es eigentlich ein Prototyp ist: Die für Madagaskar charakteristischen säuerlichen Fruchtnoten sind deutlich erkennbar; sind also weder zu schwach noch zu stark herausgearbeitet. Darüber hinaus habe ich mich sehr geehrt gefühlt, als Erster die limitierte Schokolade testen zu dürfen und dass Arne Homborg meine Meinung geteilt hat, dieses Kakao-Experiment zu wagen.
Die Kakaobohnen wurden bei 110 Grad Celsius schonend und kurz geröstet und anschließend zusammen mit biologischem Rohrohrzucker und etwas Bio-Kakaobutter drei Tage lange im Melangeur feingewalzt. Der ökologisch angebaute Kakao stammt aus Madagaskars berühmtesten Anbaugebiet, dem Sambirano-Tal im Nordwesten der Insel. Kiki's Pralinenwelt erhielt den Kakao von der "Chocolaterie Robert", dem wohl renommiertesten Traditionsunternehmen, das sich auf der Insel befindet und direkt vor Ort als Tree-to-Bar Produzent international angesehene Gourmet-Schokoladen von Weltklasse-Qualität herstellt.
Madagaskar-Bio-Schokolade von "Kiki's Pralinenwelt" im Geschmackstest
(A) Duftaromen: 18 / 18 Punkte
(B) Geschmacksaromen: 48 / 48 Punkte
(C) Optik: 3 / 3 Punkte
(D) Schmelz: 3 / 3 Punkte
(E) Zutaten: 18 / 18 Punkte
(F) Nachhaltigkeitseinschätzung: 4 / 4 Punkte
(G) Gesamteindruck: 6 / 6 Punkte
Kiki's Pralinenwelt - Madagaskar - Bio Sambirano 70%
MHD 31/01/2021
Charge: 18.1; Tafel: 1/37
Kakaoherkunft: Madagaskar, Sambirano-Tal
Kakaovarietät: ortstypische Kakao-Selektion
A) Duftaromen: intensive Fruchtnoten (dunkle Waldbeeren, Zitrusfrucht-Akzente), karamellige Malz-Noten, Melasse-Anklänge 15/18
B) Geschmacksaromen: zu Beginn karamellige und malzige Akzente mit leichten Lakritz-Anklängen, Hauptteil fruchtig mit Noten von gerösteten Nüssen, leichter Minze und vegetabiler Laubnoten, intensive Fruchtnoten mit malzigen Anklängen (dunkle Waldbeeren, rote Beeren, leichte Zitronengras-Anklänge), Abgang fruchtig-malzig, Melasse-Nachgeschmack 44/48
C) sehr gut 3/3
D) einwandfreie Schmelzeigenschaften 3/3
E) Bio-Kakaobohnen (58,3%), Bio-Rohrohrzucker (30%), Bio-Kakaobutter (11,7%): sehr gut 18/18
F) sehr gut: vorbildliche Bean-to-Bar Produktion in Manufaktur in Minden, hochwertiger Madagaskar-Edelkakao in zertifizierter Bio-Qualität aus fairer Handelsbeziehung 4/4
G) Gesamteindruck 6/6
Gesamtpunkte: 93/100
Fazit: In aromatischer Hinsicht handelt es sich ohne Zweifel um eine gelungene Madagaskar-Ursprungsschokolade, die ich mit gutem Gewissen allen Fans von Madagaskar-Kakao weiterempfehlen kann. Die für dieses Anbaugebiet charakteristischen Fruchtaromen kommen hier auf eine angenehme und ausgewogene Weise gut zum Ausdruck. Die Fruchtnoten kommen in dieser Prototyp-Schokolade am prägnantesten in Form von dunklen Waldbeeren zur Geltung, wobei auch rote Beeren, dezente Zitrusakzente und Zitronengras in Erscheinung treten. Ganz interessant fand ich auch die eher im Hintergrund unterstützenden, aber fast gleichrangig wirkenden, malzigen und melassigen Noten, aber auch leichte vegetabile und minzige Akzente, die man vielleicht in etwa mit karamelisiertem Laub oder Blättern am ehesten vergleichen könnte. Interessanterweise werden die meisten Bean-to-Bar Schokoladen von Arne Homborg, wie ich festgestellt habe, mehr oder weniger von einer interessant wirkenden Melassen-Note begleitet. Auch verfügen sie, wie auch die neue Bio-Madagaskar-Sorte, einen vergleichsweise wilderen, rassigeren, meist außergewöhnlichen Aromencharakter (jenseits des Mainstreams), den man je nach Geschmacksvorliebe meiner Meinung nach entweder zu schätzen oder missbilligen weiß. Je erfahrener man in Schokoladenverkostung ist, desto eher wird man - so denke ich - diesen Stil wertschätzen. Möglicherweise spielt hierbei die persönliche Bean-to-Bar Herangehensweise von Kiki's Pralinenwelt eine maßgebliche Rolle: das besonders schonende Röstverfahren bei einer relativ niedrigen Temperatur und der Melangeur-Mahlprozess, der technisch gesehen eigentlich nichts mit Conchieren zu tun hat. Wer gerne Madagaskar-Schokoladen probiert, der sollte sich auf keinen Fall die mutig und rassig inszenierte Interpretation von der Mindener Chocolaterie entgehen lassen.
Bemerkung: Als unparteiischer Schokoladenblogger vertrete ich keine einzelnen Hersteller oder Vertriebe und richte mich nur nach gutem Geschmack und den Werten der Schokoladenhersteller.
Wenn ich Interesse mit meinen Schokoladenempfehlungen geweckt habe, so möchte ich lediglich als Hilfestellung aufzeigen, wo und wie man derartige Schokoladen kaufen kann. Die neue Bio-Madagaskar-Schokolade von Arne und Kirsten Homborg ist über den Onlineshop des Mindener Unternehmens erhältlich.