Manufaktura Czekolady - Polens "Bean-to-Bar" Pionier

"Manufaktura Czekolady", was auf Deutsch nichts anderes als "Schokoladenmanufaktur" bedeutet, ist Polens erster und bekanntester Bean-to-Bar Schokoladenhersteller, der sich auf qualitative Edelkakao-Sorten spezialisiert. Außerhalb Polens werden die Produkte in den westeuropäischen Ländern wie z. B. in Deutschland unter der für nicht polnisch sprechende Kunden einfacheren Markenbezeichnung "Chocolate Story" (Schokoladengeschichte) vertrieben. Die Firma, die sich in der Nähe von Warschau, der Hauptstadt Polens, befindet, wurde bereits vor rund einem Jahrzehnt, im Jahr 2009, von Tomasz Sienkiewicz und Krzysztof Stypułkowski gegründet. Die alten Freunde, die sich seit der Oberschule kennen, waren vor der Firmengründung als Informatiker in großen Konzernen tätig. Inzwischen gibt es neben dem Hauptsitz, wo sich auch die Produktionsstätte mitsamt Verkaufslokal und Café befindet, noch zwei weitere Geschäfte in den Großstädten Lodz und Plock. Neben puren Ursprungs-Schokoladen mit hochwertigen Edelkakaobohnen aus Peru, Ecuador, Kolumbien, Venezuela, Ghana, Madagaskar, Nicaragua und der Dominikanischen Republik werden ebenfalls diverse Blends, Milchschokoladen, Trüffel oder mit verschiedenen Zusätzen (Früchte, Nüsse, Alkoholsorten etc.) veredelte Schokoladen hergestellt. Darüber hinaus werden für Interessierte Workshops unterschiedlicher Art (z. B. Kreation seiner eigenen Schokolade, verziert mit anderen Zutaten etc.) angeboten.

Man kann die Unternehmensphilosophie und den Produktionsstil des polnischen Herstellers "Manufaktura Czekolady" z. B. auch mithilfe eines Youtube-Filmbeitrags näher kennenlernen.

Der kleine Schokoladenproduzent verwendet zwar keine offiziellen Bio- oder Fairtrade-Zertifikate, was mehr oder weniger je nach Perspektive wohl zurecht nicht unbedingt notwendig ist, solange die Firma daran bemüht ist, so transparent wie möglich zu agieren. "Chocolate Story" scheint mir zumindest einen respektabel transparenten Eindruck zu hinterlassen, wobei es auf jeden Fall noch Luft nach oben gibt. Beim Großteil der Ursprungs-Schokoladen wird lediglich das Herkunftsland des Kakaos angegeben, was meines Erachtens wahrscheinlich auf die relativ kleine Produktionskapazität zurückzuführen ist - in diesem Sinne, dass vielleicht mehrere Regionen innerhalb der jeweiligen Länder je nach Bedarf oder aktueller Verfügbarkeit  in eine und die selbe Schokoladensorte zum Einsatz kommen. Es kann aber auch sein, dass beispielsweise Kakaobohnen von mehreren Kooperativen aus verschiedenen Regionen entweder vom polnischen Produzenten bewusst selbst gemischt oder bereits in gemischter Form von einem Vermittlerunternehmen geliefert bekommt.

Persönlich kenne ich einen Großteil der Single-Origin-Schokoladen schon seit mehreren Jahren, was bedeutet, dass ich besonders die Dunkelschokoladen regelmäßig getestet habe und somit inzwischen relativ viele Chargen aus unterschiedlichen Jahrgängen kennengelernt habe. Positiv hervorzuheben ist unter anderem die Tatsache, dass die dunklen Schokoladen ab 70 Prozent Kakaoanteil in der Regel nur aus zwei Zutaten bestehen, Kakaomasse und Zucker, was sehr lobenswert ist. Obwohl keine zusätzliche Kakaobutter verwendet wird (diese positive Tatsache gibt es seit Beginn an), sind die Schmelzeigenschaften bei den aktuellen Produkten mittlerweile ohne nennenswerte Schwächen. Gerade in der Anfangszeit war die Schokoladenstruktur nämlich noch nicht ideal, aber die polnischen Schokoladenmacher von "Chocolate Story" haben im Laufe der Jahre ihren Herstellungsprozess permanent perfektioniert.

Mein Fazit aus den langjährigen Verkostungen ist folgende Entwicklungsbeobachtung: Waren die meisten Dunkelschokoladen noch zu Beginn, also noch etwa um 2012-2014, eher röstbetonter und in aromatischer Hinsicht weniger tiefgründig sowie von größeren Qualitätsschwankungen betroffen, so hat sich dies meines Erachtens in den letzten Jahren zum Positiven signifikant verändert, d. h. die Schokoladen verfügen generell über eine konstantere Geschmacksqualität, wirken milder geröstet, haben interessantere und komplexere Aromenprofile und sind obendrein deutlich fruchtiger und lieblicher geworden. Zumindest die drei von mir kürzlich getesteten Sorten "Ecuador 70%, "Kolumbien 70% und "Venezuela 70%" haben mich in aromatischer Hinsicht voll überzeugt. Ein weiterer Geheimtipp ist deren derzeit erstaunlich mild und fruchtbetont gelungene Charge der 100-prozentigen Venezuela-Schokolade. Von daher sind die inzwischen geschmacklich sehr gut gelungenen Herkunfts-Schokoladen aus Polen auch für neugierige Feinschmecker aus anderen Ländern Europas oder der Welt durchaus empfehlenswert. Allerdings sind die Produkte des polnischen Schokoladenherstellers zurzeit in Deutschland meinen Recherchen zufolge kaum verfügbar. Vor etwa einem Jahr war die Verfügbarkeit noch etwas besser. Wenn aber Interesse besteht, bieten folgende Onlineshops nicht alle, aber zumindest einige Schokoladensorten von "Chocolate Story" an: "Chocoladeverkopers", "Clearchox".

 

Schokoladentests: Ursprungs-Schokoladen von "Chocolate Story"

 

Meine Bewertungskriterien:

(A) Duftaromen: 18 / 18 Punkte

(B) Geschmacksaromen: 48 / 48 Punkte

(C) Optik: 3 / 3 Punkte

(D) Schmelz: 3 / 3 Punkte

(E) Zutaten: 18 / 18 Punkte

(F) Nachhaltigkeitseinschätzung: 4 / 4 Punkte

(G) Gesamteindruck: 6 / 6 Punkte

 

Manufaktura Czekolady "Chocolate Story"

Ecuador Grand Cru 70%

 

MHD Charge: 26/04/2020

Kakaoherkunft: Ecuador

Kakaovarietät: ortstypische Kakao-Varietäten

 

A) Duftaromen: blumige und grasige Noten, dezente Karamell-Akzente, dezente Fruchtnoten (Orangenmarmelade), leichte Orangenblüten-Anklänge, dezente Gebäck-Anklänge 14/18

B) Geschmacksaromen: zuerst blumige Akzente mit Marzipan-Note, Hauptteil geprägt von süßem Gebäck-Charakter mit blumigen, sahnigen, und würzigen Noten (süße Wintergewürze), intensive Orangengelee-Akzente, intensive Sahne-Note a la "Sniezka" im sahnig-karamelligen und milden Abgang, blumig-sahniger Nachgeschmack mit sehr geringer Adstringenz 45/48

C) sehr gut 3/3

D) ordentliche Schmelzeigenschaften 3/3

E) Kakaomasse, Zucker: sehr gut 18/18

F) sehr gut: nachhaltige und qualitätsbewusste Bean-to-Bar Schokoladenproduktion, Verwendung qualitativer Edelkakaosorten aus nachhaltigem Anbau, faire und direkte Preise für Kakaobauern 4/4

G) Gesamteindruck 6/6

Gesamtpunkte: 93/100

 

Fazit: In aromatischer Hinsicht finde ich diese 70-prozentige Ecuador-Schokolade aktuell besonders gut gelungen. Zurzeit gehört sie sicherlich auch zu den bestschmeckendsten Produkten des polnischen Herstellers. Noch vor einigen Jahren schmeckte gerade die Ecuador-Schokolade deutlich schlechter - ihr damals oft zu überrösteter Beigeschmack wirkte sich nachteilig, weil weniger aromatisch, auf die Gesamtkomposition aus. Der interessant herausgearbeitete Hauptcharakter dieser Interpretation, der besonders an süßes Gebäck mit karamelligen Eigenschaften erinnert, ist mit einer harmonischen Mischung aus blumigen, sahnigen, und würzigen Noten (süße Wintergewürze) versehen. Darüber hinaus entfalten sich hier schmackhafte Fruchtnoten von Orangenmarmelade, die zusammen mit Anklängen von Orangenblüten und einer intensiven Sahne-Note passend interagieren. Von Anfang bis Ende wirkt sie überzeugend mild, nicht einmal im Abgang hinterlässt sie eine nennenswerte Adstringenz. Obwohl es hier keine genaueren Angaben zur Kakao-Herkunft außer "Ecuador" gibt, würde ich aufgrund aromatischer Parallelen auf die Region "Los Rios" tippen.

 

Manufaktura Czekolady "Chocolate Story"

Kolumbien Grand Cru 70%

 

MHD Charge: 05/01/2020

Kakaoherkunft: Kolumbien, Region "Magdalena Medio", Serrania de los Yariguies Nationalpark, Kakaobauern aus Kakao-Projekt inkl. Einzelplantage "Bosques de Cacao Yariguies"

Kakaovarietät: ortstypische Kakao-Varietäten

 

A) Duftaromen: intensive Fruchtnoten (Kirschen, Beeren, Zitrusfrüchte), nussig-malzige Akzente 14/18

B) Geschmacksaromen: zuerst nussige und schokoladig-malzige Akzente, Hauptteil tiefschokoladig mit lieblich-malzigen und nussigen Akzenten, Mandelmarzipan-Anklänge, dezente Fruchtnoten (Trauben, Beeren, Rosinen), dezente Holz-Anklänge, Abgang intensiv schokoladig mit holzigen und malzigen Anklängen, Nachgeschmack rosinig und nussig-röstig 44/48

C) sehr gut 3/3

D) ordentliche Schmelzeigenschaften 3/3

E) Kakaomasse, Zucker: sehr gut 18/18

F) sehr gut: nachhaltige und qualitätsbewusste Bean-to-Bar Schokoladenproduktion, Verwendung qualitativer Edelkakaosorten aus nachhaltigem Anbau, faire und direkte Bezahlung von Kakaobauern 4/4

G) Gesamteindruck 6/6

Gesamtpunkte: 92/100

 

Fazit: Auch die 70% Kolumbien-Schokolade verfügt über ein geschmacklich gut gelungenes, komplexes Aromenspektrum. Zum Einsatz kommen besondere Kakaobohnen von "Bosques de Cacao Yariguies", einer nachhaltig fungierenden Familienplantage, die zusätzlich ein Kooperativen-Projekt mit Kakaobauern aus ihrer Region betreut. Sie hat einen tiefschokoladigen Grundton mit leichten Holz-Anklängen, der von lieblich-malzigen und nussigen Mandelmarzipan-Akzenten sowie dezenten Fruchtnoten (Trauben, Beeren, Rosinen) unterstützt wird.

 

Manufaktura Czekolady "Chocolate Story"

Venezuela Grand Cru 70%

 

MHD Charge: 03/05/2020

Kakaoherkunft: Venezuela

Kakaovarietät: ortstypische Kakao-Varietäten (Criollo- und Trintario-Sorten)

 

A) Duftaromen: nussig-wafflige Akzente, prägnante Fruchtnoten (rote Früchte: Kirschen, Beeren), würzig-erdige Mohn-Anklänge 14/18

B) Geschmacksaromen: zuerst nussig-malzige und mohnige Akzente mit leichten blumig-grasigen Anklängen, Hauptteil intensiv schokoladig-malzig mit Akzenten von Malz, Mohn und Lakritz, dezente vegetabile Anklänge von Gewürzkuchen und Kräutern, dezente Fruchtnoten (Kirschen, rote Johannisbeeren), Abgang würzig-melassig und kräuterig 44/48

C) sehr gut 3/3

D) ordentliche Schmelzeigenschaften 3/3

E) Kakaomasse, Zucker: sehr gut 18/18

F) sehr gut: nachhaltige und qualitätsbewusste Bean-to-Bar Schokoladenproduktion, Verwendung qualitativer Edelkakaosorten aus nachhaltigem Anbau, faire und direkte Preise für Kakaobauern 4/4

G) Gesamteindruck 6/6

Gesamtpunkte: 92/100

 

Fazit: Die 70% Venezuela-Schokolade, bei der ein venezolanischer Kakaobohnen-Mix aus Criollo- und Trinitario-Sorten (höchstwahrscheinlich handelt es sich um die international bekannten Anbau-Regionen "Sur del Lago", "Ocumare", "Carenero") verwendet wird, punktet einerseits mit einem prägnanten Brownie-artigen Schokoladen-Charakter, der von einer intensiven Malz-Note unterstützt wird, andererseits entfalten sich harmonische Nebennoten von Mohn und Lakritz mitsamt dezenter vegetabiler Grün-Akzente. Auch zeigen sich leichte Anklänge von Gewürzkuchen und Kräutern sowie im Finale eine dezente Fruchtigkeit in Form von roten Früchten (Kirschen, rote Johannisbeeren). Alles in allem ist es eine aromatisch erstaunlich vielschichtige Herkunfts-Schokolade, die das Qualitätspotenzial des Criollo-Mekkas "Venezuela" mehr als passabel wiederspiegelt. Tipp: Es gibt auch eine 100-prozentige Venezuela-Variante von "Manufaktura Czekolady", die qualitativ und organoleptisch aus meiner Sicht mindestens gleichauf oder sogar etwas besser ist.

 

Bemerkung: Als unparteiischer Schokoladen-Blogger vertrete ich keine einzelnen Hersteller oder Vertriebe und richte mich nur nach gutem Geschmack und den Werten der Schokoladenhersteller.

Wenn ich Interesse mit meinen Schokoladen-Empfehlungen geweckt habe, so möchte ich lediglich als Hilfestellung aufzeigen, wo und wie man derartige Schokoladen kaufen kann.