"Hotel Chocolat" ist ein britisches Schokoladenunternehmen, das offiziell im Jahr 2004 von Angus Thirlwell und Peter Harris gegründet wurde. Aber schon etliche Jahre davor hatten die beiden Briten mit Schokolade zu tun. Als Pioniere im Online-Handel haben sie nämlich 1993 damit begonnen, übers Internet Schokoladenprodukte (zu diesem Zeitpunkt natürlich noch nicht Bean-to-Bar und auch nicht aus eigener Herstellung) zu verkaufen. Und 1998 gründeten sie schließlich einen Schokoladenverkostungs-Club. Seit 2006 ist "Hotel Chocolat" im Besitz einer eigenen etwa 57 Hektar großen Kakaoplantage ("Rabot Estate"), die sich auf der Karibikinsel St. Lucia befindet. Das Besondere an dieser Plantage ist ihr langes Bestehen, das sich bis ins Jahr 1745 zurückverfolgen lässt. Somit ist es gleichzeitig die älteste Kakaoplantage auf St. Lucia. Die dort von den tätigen Bauern praktizierten Anbaumethoden beruhen auf ökologischen und nachhaltigen Agroforst-Prinzipien. Alle auf der Insel involvierten Farmer und Mitarbeiter werden laut Unternehmen fair entlohnt - angeblich deutlich besser als die festgesetzten Fairtrade-Standards. Darüber hinaus gibt es auf St. Lucia seit 2011 ein von "Hotel Chocolat" geführtes Luxushotel ("Club Boucan"), das interessierten Gästen aus aller Welt mit einem vielfältigen Angebot von mehreren Ausflugsmöglichkeiten die Prozesse des Kakao-Anbaus (Ernteschritte, Schokoladenherstellung etc.) näher bringt. Anderweitige Erholungsoptionen wie beispielsweise Bootsausflüge oder Hochzeiten werden ebenso organisiert. Das Unternehmen produziert meines Wissens schon seit einigen Jahren Ursprungs-Schokoladen nach Bean-to-Bar Manier in der eigenen Produktionsstätte in England in Hertfordshire. Und für das restliche Produktsortiment wird voraussichtlich fertige Kakaomasse hinzugekauft, zumal die Bezeichnung "Bean-to-Bar" ausschließlich auf den Herkunftsschokoladen angegeben wird. Vorher wurden die Schokoladen bzw. zumindest die Verarbeitung bis zur Kakaomasse in Deutschland von "Coppeneur" als sozusagen Private-Label-Dienstleistung gefertigt, wenn ich mich nicht täusche. Wann genau mit der Bean-to-Bar Produktion begonnen wurde, ist mir allerdings nicht bekannt, aber sicherlich ohnehin erst nach dem Kauf der Plantage und wohl nach 2010. Die mit St. Lucia-Kakao hergestellten Schokoladen können sogar als Tree-to-Bar Produkte erachtet werden, weil der Anbau dieser Kakaobohnen vom englischen Hersteller als Plantagenbesitzer gesteuert wird. Bei den sortenreinen Herkunfts-Schokoladen wird zwar auf eine puristische Herstellungsweise geachtet, allerdings wird bei den meisten hochprozentigen Schokoladen außer bei den 100%-Sorten mit Sojalecithin als Emulgator nachgeholfen. Neben dem Kakao aus der eigenen Plantage in St. Lucia werden auch qualitativ hochwertige Kakaobohnen aus diversen anderen Ländern zu puren Dunkel- und Milchschokoladen verarbeitet. In Planung ist auch eine weitere Schokoladenfabrik, die sich direkt auf St. Lucia, also in unmittelbarer Nähe zu den Kakaobäumen, befinden soll. Auf diese Weise kann natürlich die Wertschöpfungskette im Anbauland ausgeweitet und somit mehr Wohlstand für die Bewohner der Insel geschaffen werden. Mit dem Bau wurde anscheinend schon begonnen, allerdings ist noch nicht bekannt, wann das Gebäude fertiggestellt und endgültig in Betrieb genommen wird.
"Hotel Chocolat" besitzt eine Vielzahl von Verkaufsfilialen (mittlerweile beinahe 200 Geschäfte weltweit) in Großbritannien, Irland, Dänemark und sogar in Spanien, an Orten (Gibraltar, Malaga), die besonders von britischen Touristen stark besucht werden. Aktuell gibt es in Deutschland noch keinen Händler, der Produkte von "Hotel Chocolat" anbietet. Aber über deren Onlineshop wird ein weltweiter Versand ermöglicht. Außer Single-Origin-Schokoladen produziert der britische Hersteller auch sehr viele andere Produkte wie Pralinen, Riegel, Bonbons, Nougat oder mit verschiedenen Zutaten veredelte Schokoladen.
Schokoladentests: Ursprungs-Schokoladen von "Hotel Chocolat"
(A) Duftaromen: 18 / 18 Punkte
(B) Geschmacksaromen: 48 / 48 Punkte
(C) Optik: 3 / 3 Punkte
(D) Schmelz: 3 / 3 Punkte
(E) Zutaten: 18 / 18 Punkte
(F) Nachhaltigkeitseinschätzung: 4 / 4 Punkte
(G) Gesamteindruck: 6 / 6 Punkte
Hotel Chocolat - Saint Lucia 100%
MHD: 04/2020
Chargen-Nr.: 19 011
Kakaoherkunft: St. Lucia, Plantage "Rabot Estate"
Kakaovarietät: ortstypische Kakao-Varietäten, v. a. Trinitarios
A) Duftaromen: intensive Fruchtnoten (rote Früchte: Beeren, Waldfrüchte), dezente Fruchtfermentation, leichte nussige Röstnoten 15/18
B) Geschmacksaromen: zuerst holzig-nussige und rahmige Akzente, Hauptteil intensiv fruchtig mit fermentierten Anklängen (rote Beeren, Pflaumen, Heidelbeeren, Rosinen), Waldbeer- und tanninige Rotwein-Aklänge, Abgang dezent adstringierend mit Holz- und leicht alkoholisch wirkenden Frucht-Tanninen, Nachgeschmack holzig-adstringierend, vegetabil und dezent salzig 43/48
C) sehr gut 3/3
D) einwandfreie Schmelzeigenschaften 3/3
E) Kakaomasse: sehr gut 18/18
F) sehr gut: nachhaltiger Kakao-Anbau auf eigener Plantage auf St. Lucia inkl. Kakao-Tourismus, Engagement für nachhaltig-soziale Projekte, nachhaltig angebauter Edelkakao, technisch moderne Bean-to-Bar Herstellung in England in Kleinchargen 4/4
G) Gesamteindruck 6/6
Gesamtpunkte: 92/100
Fazit: Diese 100-prozentige Schokolade mit Edelkakao aus der firmeneigenen Kakao-Plantage auf St. Lucia besticht durch eine intensiv-tanninige und komplexe Fruchtigkeit (rote Beeren, Pflaumen, Heidelbeeren, Rosinen) mit holzig-rahmigen Akzenten inklusive Rotwein-Charakter, bei der adstringierende Bitternoten nicht allzu stark ausgeprägt sind. Eine aus Meiner Sicht geschmacklich interessante Kakao-Studie, die gelungen die terroirespezifischen Eigenschaften von St. Lucia wiederspiegelt.
Hotel Chocolat - Honduras 100%
MHD: 04/2020
Chargen-Nr.: 19 011
Kakaoherkunft: Honduras, Kakao-Projekt "Xoco" (Anbauflächen der Kleinbauern im nördlichen und zentralen Honduras)
Kakaovarietät: ortstypische Kakao-Varietäten (Mayan Red)
A) Duftaromen: intensive Fruchtnoten (rote Früchte: Kirschen, Pflaumen, Maracuja; Zitrusfrüchte), dezente Fruchtfermentation, dezente Akzente von Melasse, Malz und Holz 15/18
B) Geschmacksaromen: zuerst holzig-nussige und leicht adstrigierende Akzente, Hauptteil intensiv fruchtig und melassig mit Noten roter Früchte (Kirschen, Himbeeren, Brombeeren, rote Johannisbeeren, Zitrusfrüchte), leichte Anklänge von Rahm und Butter, Abgang dezent adstringierend mit Fruchtsäure und holzig-rahmigen Anklängen, Nachgeschmack dezent adstringierend mit Anklängen von Melasse, Holz und tanniniger Fruchtsäure 43/48
C) sehr gut 3/3
D) einwandfreie Schmelzeigenschaften 3/3
E) Kakaomasse: sehr gut 18/18
F) sehr gut: nachhaltiger Edelkakao-Anbau in Honduras durch Kleinbauern, Engagement für ökologisch und soziale Projekte, technisch moderne Bean-to-Bar Herstellung in England in Kleinchargen 4/4
G) Gesamteindruck 6/6
Gesamtpunkte: 92/100
Fazit: Auch die 100-prozentige Honduras-Schokolade zeichnet sich durch ausdrucksstarke und vielschichtige Fruchteigenschaften (Kirschen, Himbeeren, Brombeeren, rote Johannisbeeren, Zitrusfrüchte) aus, die unter organoleptischen Gesichtspunkten zusammen mit ihrem intensiven Melassen-Charakter und dezenten Akzenten von Rahm und Butter eine harmonische und spannende Aromenkomposition ergeben. Was ihre Adstringenz wegen des fehlenden Zuckers anbelangt, hält sich diese in Maßen. Die hier vorhandenen Bittertöne zeigen sich geschmacklich positiv mit eher fruchtig wirkenden Tannin-Eigenschaften. Die auf der Verpackung angegebene Anspielung des britischen Herstellers, dass das Aromenprofil dieses Produkts mit einem vielschichtigen Burgunderwein vergleichbar ist, lässt sich gut erahnen und ist von daher auch meiner Meinung nach treffend - auch wenn ich kein Weinkenner bin.
Hotel Chocolat - Ecuador 90%
MHD: 04/2020
Chargen-Nr.: 19 024 K2
Kakaoherkunft: Ecuador
Kakaovarietät: ortstypische Kakao-Varietäten
A) Duftaromen: prägnante vegetabile und florale Noten (grasig, blumig), fruchtige Zitrus- und Orangen-Akzente, leichte Fermentations-Anklänge 15/18
B) Geschmacksaromen: zuerst holzig-grasige und fruchtig-tanninige Akzente mit Rohkakao-Charakter, Hauptteil intensiv blumig-grasig mit dezent bitter-tanninigen und fruchtigen Akzenten (Zitrusfrüchte, Orangen), dezente Akzente von Gebäck und Rahm, Abgang dezent bitter mit intensiven Fruchttanninen, Holz und floralem Touch 43/48
C) sehr gut 3/3
D) einwandfreie Schmelzeigenschaften 3/3
E) Kakaomasse, Kakaobutter, Zucker, Sojalecithin: sehr gut 18/18
F) sehr gut: nachhaltiger Bio-Anbau von Edelkakao, Engagement für nachhaltig-soziale Projekte, technisch moderne Bean-to-Bar Herstellung in England in Kleinchargen 4/4
G) Gesamteindruck 6/6
Gesamtpunkte: 92/100
Fazit: Diese 90-prozentige Ecuador-Schokolade mit zertifiziertem Bio-Kakao mag zwar nur sehr wenig Zucker enthalten, wirkt aber trotzdem erstaunlich mild-lieblich und gleichzeitig besonders aromatisch aus meiner Sicht. Sie verfügt über ein prägnantes blumig-grasiges Aromenspektrum, das mit dezent bitter-tanninigen und fruchtigen Akzenten (Zitrusfrüchte, Orangen) sowie interessanten Noten von Gebäck und Rahm versehen ist. Alles in allem ist es eine gelungene Ursprungs-Schokolade, die die charakteristischen Merkmale von hochwertigem Ecuador-Kakao äußerst aufschlussreich demonstriert.
Hotel Chocolat - Weiße Schokolade
MHD Charge: 01/2020
Kakaoherkunft: nur Kakaobutter ohne spezifische Angaben
Kakaovarietät: nicht angegeben wegen Kakaobutter-Verwendung
A) Duftaromen: süße Milchnoten mit Akzenten gezuckerter Kondensmilch, leichte grasig-getreidige Anklänge 13/18
B) Geschmacksaromen: zuerst milchig-süße Akzente, Hauptteil intensiv milchig mit Noten von gezuckerter Kondensmilch, rahmig-buttrige Anklänge, leichte vegetabil-grasige Cerealien-Anklänge, Abgang milchig-getreidig 41/48
C) sehr gut 3/3
D) einwandfreie Schmelzeigenschaften 3/3
E) Kakaobutter (36%), Zucker, Vollmilchpulver, Magermilchpulver, Sojalecithin: sehr gut 18/18
F) sehr gut: Engagement für nachhaltig-soziale Projekte, technisch moderne Bean-to-Bar Herstellung in England 4/4
G) Gesamteindruck 6/6
Gesamtpunkte: 88/100
Fazit: Durch den vergleichsweise hohen Anteil an Kakaobutter in Höhe von 36 Prozent und einen Milchanteil von insgesamt 27 Prozent, ist diese Weiße Schokolade bei einem Zuckergehalt von 37 Prozent zumindest nicht übertrieben süß. Geschmacklich bietet sie mit typisch milchigen und buttrigen Akzenten zwar nichts Außergewöhnliches, sie enthält aber keinerlei zusätzliche Aromen und auch keine natürliche Vanille, was sie purer und natürlicher wirken lässt. In meinen Augen geht das Fehlen von Vanille hier aromatisch sogar relativ gut auf. Denn leichte grasig und getreidig wirkende Nebenaromen sind hier dezent spürbar. Keine schlechte weiße Schokolade, aber es gibt Besseres wie z. B. von Willie's, Zotter, Georgia Ramon, Original Beans oder Bonnat.
Hotel Chocolat - Supermilk 65% (dunkle Milchschokolade)
MHD Charge: 07/2019
Kakaoherkunft: keine genauen Angaben vorhanden
Kakaovarietät: keine genauen Angaben vorhanden
A) Duftaromen: intensiv pur-schokoladig mit rahmig-milchigen Akzenten und leichten Gras-Andeutungen 13/18
B) Geschmacksaromen: zuerst rahmig-buttrige und grasig-karamellige Akzente, Hauptteil kräftig und pur schokoladig mit dezenten Karamell-Akzenten und milchig-rahmiger Note, leichte grasig-vegetabile Anklänge, Abgang milchig-grasig 41/48
C) sehr gut 3/3
D) einwandfreie Schmelzeigenschaften 3/3
E) Kakao (Kakaomasse, Kakaobutter) 65%, Zucker, Vollmilchpulver (14%), Sojalecithin: sehr gut 18/18
F) sehr gut: Engagement für nachhaltig-soziale Projekte, technisch moderne Bean-to-Bar Herstellung in England 4/4
G) Gesamteindruck 6/6
Gesamtpunkte: 88/100
Fazit: Die dunkle 65%-Milchschokolade, die mit einem Kakao-Blend gemacht wurde, punktet mit einem puren, intensiv kakaoigen Schokoladen-Charakter, bei der dezente milchig-rahmige und karamellige Nebenakzente zum Tragen kommen. Außer leicht grasig wirkenden Neben-Anklängen bietet die eher einfacher gestrickte Milchschokolade aber kein außergewöhnlich komplexes Aromenspektrum. Auch hier wurde weder Vanille noch anderweitige Aromastoffe hinzugefügt. Bei einem Zuckergehalt von 22 Prozent enthält sie sogar weniger Zucker als klassische Dunkelschokoladen mit 70% Kakaoanteil. Auch für Milchschokoladen-Verhältnisse ist der Süßegrad hier nicht zu schwach, weil durch den natürlichen Laktosegehalt des Vollmilchpulvers zusätzliche Süße in das Produkt hineingebracht wird. Da es sich hier um Schokoladen-Drops handelt, ist sie gerade wegen des relativ neutralen Geschmacksprofils umso geeigneter als Basis für Trinkschokoladen, Desserts oder Kuchen.
Bemerkung: Als unparteiischer Schokoladen-Blogger vertrete ich keine einzelnen Hersteller oder Vertriebe und richte mich nur nach gutem Geschmack und den Werten der Schokoladenhersteller.
Wenn ich Interesse mit meinen Schokoladenempfehlungen geweckt habe, so möchte ich lediglich als Hilfestellung aufzeigen, wo und wie man derartige Schokoladen kaufen kann.