Das in Ecuador ansässige Unternehmen "To'ak Chocolate", das 2007 vom US-Amerikaner Jerry Toth und dem Österreicher Carl Schweizer gegründet wurde, produziert die bisher die teuerste Ursprungs-Schokolade der Welt - etwa 200 Euro kostet eine 50-Gramm Tafel, die Bean-to-Bar direkt in Ecuador (in der Produktionsstätte von "Ecuatoriana de Chocolates" unter Aufsicht von To'ak) gemacht wird. Grund für den überdurchschnittlich hohen Preis: Den Angaben von To'ak zufolge wird hierfür höchstwahrscheinlich der aktuell genetisch reinste und älteste Nacional-Kakao Ecuadors verwendet, der bisher entdeckt wurde. Weitere Gründe für den hohen Preis sind sicherlich die begrenzte Menge des Kakaos und eine geographisch bedingt deutlich aufwendigere Ernte.
Die von To'ak genutzten Kakaobäume (Sorte "Nacional"), die als besonders reinsortig wegen einer hohen Dichte an Nacional-typischen Gen-Merkmale angesehen werden, wachsen im tiefen Dschungel des "Piedra de Plata"-Tals. Diese Gegend befindet sich in Ecuador in der Region Manabi. Nachdem im Jahr 2007 der US-amerikanische Umweltaktivist Jerry Toth mithilfe von"Servio Pachard", einem ortskundigen und kompetenten Kakaobauern, diese besonderen Kakaobäume entdeckt hatte, stellte man unter anderem mit wissenschaftlichen Analysen die Hypothese auf, dass es sich um eine der ältesten Kakaosorten der Welt handele, weil sie möglicherweise an jenem Ort schon vor 5300 Jahren von Menschen (Mayo-Chinchipe-Kultur) kultiviert wurde. Ob der Kakao aus "Piedra de Plata" zu 100 Prozent als ein "authentischer" Nacional-Kakao erachtet werden kann, kann aus wissenschaftlicher Sicht jedoch nicht eindeutig beantwortet werden. Laut Jan Schubert, einem international angesehenen Kakaoexperten, der seit einigen Jahren in Südamerika beruflich unterwegs ist, ist ein 100-prozentiger Nachweis ohnehin nicht möglich, weil hierzu kein schlüssiges Referenzmaterial existiert bzw. noch nicht wiederentdeckt wurde.
Welcher Kakao ist nun die Mutter aller Kakaos? Ein kleiner Aufklärungs-Exkurs ...
Dass es sich bei den Bäumen in Piedra de Plata um alte und seltene Ecuador-Kakaos handelt, ist ohnehin unbestreitbar. Deshalb darf dieser Kakao zurecht offiziell als "Heirloom Cacao Preservation Fund" bezeichnet werden. Allerdings ist man sich inzwischen relativ sicher, dass die botanische Geburt der Kakaopflanze nicht in Ecuador, sondern in der Region Cusco in Peru erfolgte. Nachdem man in Cusco die dort aufgefundenen Chuncho-Kakao-Varietäten von alten Bäumen mit allen anderen bekannten Kakaosorten auf ihr Genmaterial hin verglichen hat, stellte man beim Chuncho die höchste genetische Vielfalt fest. In diesem Zusammenhang kann man auch anhand von historisch rückverfolgbaren Verbreitungsgwegen aus Cusco über das Maranon-Tal in Richtung Norden nach Ecuador sowie kulturelle Austausch-Interaktionen, die sich nach Mexiko und weiter nach Zentralamerika und gen Osten nach Venezuela weiterverbreitet haben, nachweisen, wie die genetischen Kakao-Merkmale nördlich von Cusco abnehmen. Das gleiche Phänomen stellte man auch südlich von Peru in Bolivien fest. Der in der bolivianischen Region Beni wild wachsende Beniano-Kakao hat ebenso eine geringere Gen-Vielfalt. Mit anderen Worten: im Chuncho-Kakao findet man eine komplette Ansammlung aller bisher bekannter Eigenschaften wieder, die man in den anderen Kakao-Sorten nur als einzelne Charakteristika vorfindet.
Allerdings ist die genetische Sicherheit im Bereich Kakao immer noch nicht allzu genau, weil die aktuell weltweit vorhandene Gen-Datenbasis nach wie vor mit verhältnismäßig wenig relevanten Informationen ausgestattet ist. Deshalb wurden kürzlich Tausende Gen-Proben von Kakao aus dem gesamten Amazonas-Gebiet (Peru, Brasilien, Ecuador, Bolivien) gesammelt, die in den nächsten zwei Jahren ausgewertet werden sollen. Wenn nach dieser umfangreichen Kakao-Auswertung der Chuncho immer noch die größte Gen-Diversität haben sollte, dann wäre die zu beweisende Hypothese, man habe es hier tatsächlich mit dem Ur-Kakao zu tun, nahezu unbestreitbar.
Preisgünstigere Schokoladen-Alternativen von To'ak - aus authentisch-purem Nacional-Kakao
Da die bisherigen mit dem Edelkakao aus Piedra de Plata produzierten Dunkelschokoladen besonders teuer gewesen sind, was zur Folge hatte, dass bisher nur sehr wenige Menschen sich diese Produkte leisten konnten, schuf das Unternehmen mit der neuen Sortiments-Linie "Signature" preisgünstigere Ursprungs-Schokoladen (u. a. auch über mehrere Jahre in verschiedenen Alkohol-Fässern wie z. B. Islay Whisky, Tequila oder besonderen Eichenfässern gereifte Kakaobohnen, aber auch pure Schokoladen aus unterschiedlichen Ernte-Jahrgängen mit dem berühmten Nacional-Kakao aus Piedra de Plata). Die Philosophie und die Herangehensweise von To'ak hat viele Parallelen mit der Produktion von exklusivem Wein oder Whiskey.
Die aktuell preiswerteste Dunkelschokolade, die mit einer seltenen Nacional-artigen Kakao-Varietät aus den Galapagosinseln gemacht wird, bekommt man derzeit für einen Preis von knapp 25 Euro. Das Besondere an dieser Schokolade ist die Tatsache, dass es sich um die weltweit erste Single-Origin-Schokolade handelt, für die Kakao aus den Galapagosinseln verwendet wurde. Die übrigen Schokoladen, die ausschließlich mit hochwertigen Nacional-typischen Edelkakao aus dem Piedra de Plata - Tal gemacht werden, sind derzeit in einem Preissegment von etwa 35 Euro pro Tafel angesiedelt.
Die übrigen Schokoladen, die ausschließlich mit hochwertigen Nacional-typischen Edelkakao aus dem Piedra de Plata - Tal gemacht werden, sind derzeit in einem Preissegment von etwa 35 Euro pro Tafel angesiedelt. In diesem Zusammenhang sollte man meiner Meinung nach zurecht kritisch hinterfragen, warum man im Rahmen der neuen Signature-Produktreihe von To'ak bei den dunklen Ecuador-Schokoladen den Preis um etwa das Fünffache nach unten drücken konnte? Meines Wissens werden auch in den erschwinglicheren Produkten anscheinend die gleichen qualitativen Nacional-Kakaobohnen aus dem Urwald in Piedra de Plata - Tal verwendet, oder nicht? Ein mir plausibel erscheinender Grund, der den Preisunterschied erklären könnte, wäre eventuell folgende Überlegung: Vielleicht werden die 200-Euro Tafeln mit noch intensiver selektionierten Nacional-Kakaosorten und in einer kleineren Manufaktur mit größerem Aufwand usw. gemacht, wohingegen ja bekannt ist, dass die Signature-Linie in einer größeren, effizient funktionierenden Fabrik in Quito, in der Hauptstadt Ecuadors, produziert wird. Das auf Edelkakao im Private-Label Bereich spezialisierte Unternehmen "Ecuatoriana de Chocolates" ist z. B. auch für die Schokoladenproduktion für solch international populäre Feinschmecker-Marken wie Kallari, Republica del Cacao, Conexion oder sogar die geschmacklich außergewöhnlich gut gelungene Rohschokolade von Ethiquable zuständig.
35 Euro für eine 50-Gramm To'ak Tafel ist nach wie vor überdurchschnittlich teuer - auch im Vergleich zu den meisten Bean-to-Bar hergestellten Feinschmecker-Schokoladen, die in der Regel zwischen 5 und 15 Euro je Tafel kosten.
Die Signature-Schokoladen von "To'ak" sind in Deutschland zurzeit bei "Feine Schokolade Dressler" erhältlich.
Schokoladentest: "Tree-to-Bar" Jahrgangs-Schokoladen von "To'ak"
(A) Duftaromen: 25 / 25 Punkte
(B) Geschmacksaromen: 50 / 50 Punkte
(C) Optik: 2 / 2 Punkte
(D) Schmelz: 3 / 3 Punkte
(E) Zutaten: 10 / 10 Punkte
(F) Nachhaltigkeitseinschätzung: 4 / 4 Punkte
(G) Gesamteindruck: 6 / 6 Punkte
Meine Schokoladen-Bewertungen findet ihr ab sofort parallel auch auf der Homepage von "dokeshi", wo ich als Schokoladen-Sommelier objektiv Produkte von Bean-to-Bar Herstellern hin auf ihre sensorischen Eigenschaften beurteile
To'ak Chocolate - Ecuador - El Nino Harvest 2016 (78% Kakao)
MHD: 11/2021
Produktionsdatum: 11/2019
Chargen-Nr. 1; Tafel-Nr.: 57
Erntejahr: 2016
Fermentationsdauer: 4 Tage
Röstungsgrad: leicht
Conchierdauer: 18 Stunden
Kakaoherkunft: Ecuador, Region Manabi, Piedra de Plata - Tal
Kakaovarietät: Nacional-Kakao
A) Duftaromen: intensive exotische Fruchtoten (gelbe Früchte: Zitrusfrüchte, v. a. Zitronen-Limetten-Mix, Aprikosen, leichte Bananen-Anklänge), dezente blumig-vegetabile Akzente 22/25
B) Geschmacksaromen: zuerst nussig-holzige und dezent schokoladig-röstige Akzente, Hauptteil keksig-schokoladig mit prägnanten zitronig-aprikosigen und bananig-rahmigen Akzenten, anschließend folgen dezente erdig-blumige Noten mit Orangen-Anklängen und leichten Minz-Noten,; Abgang blumig-orangig und bananig-cremig mit keksigen und holzigen Anklängen, Nachgeschmack leicht holzig mit leichter Adstringenz 45/50
C) sehr gut 2/2
D) einwandfreie Schmelzeigenschaften 3/3
E) Bio-Kakaobohnen (78%), Bio-Rohrzucker: sehr gut 10/10
F) sehr gut: nachhaltige und qualitätsbewusste Bean-to-Bar Schokoladenproduktion in Ecuador, seltener Nacional-Edelkakao aus nachhaltigem Anbau mit offiziellen Bio- und Fair-Zertifizierungen, faire und direkte Partnerschaft mit Kakaobauern 4/4
G) Gesamteindruck 6/6
Gesamtpunkte: 93/100
Fazit: Das Besondere an dieser 78-prozentigen puren Ecuador-Schokolade, bei der reiner Nacional-Kakao aus Piedra de Plata zum Einsatz gekommen ist, sind die außergewöhnlich schwierigen Vorkommnisse, die es während der Ernte im Jahr 2016 gab. Zuerst gab es sintflutartige El Nino - Regenfälle und anschließend eine unerwartete Dürre während der kritischen Reifeperiode. Dadurch war die 2016er Ernte ungewöhnlich spät und wurde zusätzlich durch ein Erdbeben mit einer Stärke von 7,8 quasi erzwungen.
In aromatischer Hinsicht zeigt sie sich mit einem angenehm harmonisch-mild ausgearbeiteten keksig-schokoladigen Charakter, der mit ausdrucksstarken zitronig-aprikosigen und bananig-rahmigen Akzenten wohlwollend umspielt wird. Anschließend entfalten sich dezente erdig-blumige Noten, die von Orangen-Anklängen und leichten Minz-Noten unterstützt werden. Im Abgang und im Nachgeschmack bleibt sie ziemlich mild-holzig und entwickelt nur eine schwache Adstringenz. Alles in allem handelt es sich bei dieser streng limitierten 2016er El Nino-Schokoladen-Variante um eine milde, harmonische, ausgewogen fruchtige und mit blumigen und cremigen Elementen versehene Dunkelschokolade, deren Aromenausrichtung einen für hochwertigen Ecuador-Kakao typisch fruchtig-floralen und leicht bananigen Charakter hat. Ohne Zweifel ist sie fein aromatisch, wenig adstringent und schön schmelzig, obwohl keine zusätzliche Kakaobutter hinzugefügt wurde. Nichtsdestotrotz haut sie mich nicht vom Hocker. Es fehlt noch das gewisse Etwas an Aromen-Vielschichtigkeit, das z. B. in der aromatisch noch komplexer gelungenen Galapagosinsel-Schokolade von To'ak zu finden ist.
Die zur Tafel zusätzlich hinzugegebene Kakaobohne, die auch aus der 2016-Ernte stammt, schmeckt mild-blumig, leicht bananig, dezent ramig und sogar leicht erdbeerig mit einem delikaten orangig-blumigen Nachgeschmack. Eine dermaßen aromatische und lieblich-milde Kakaobohne wie diese hier habe ich bisher noch nie probiert.
To'ak Chocolate - Ecuador - Rain Harvest 2017 (76% Kakao)
MHD: 11/2021
Produktionsdatum: 11/2019
Chargen-Nr. 1; Tafel-Nr.: 46
Erntejahr: 2017
Fermentationsdauer: 4 Tage
Röstungsgrad: medium-leicht
Conchierdauer: 12 Stunden
Kakaoherkunft: Ecuador, Region Manabi, Piedra de Plata - Tal
Kakaovarietät: Nacional-Kakao
A) Duftaromen: intensive marmeladige Fruchtnoten (Aprikosen, Kirschen, leichte Orangen-Töne) mit dezenten nussigen Akzenten 22/25
B) Geschmacksaromen: zuerst mild-nussige und rahmig-buttrige Akzente; Hauptteil geprägt von rahmigen Butterkeks-Charakter mit dezenten Kirsch- und Pflaumen-Noten und nussigen Pekannuss-Akzenten, Abgang kirschig-beerig und rahmig-holzig, Nachgeschmack leicht holzig-kirschig mit leichter Adstringenz 44/50
C) sehr gut 2/2
D) einwandfreie Schmelzeigenschaften 3/3
E) Bio-Kakaobohnen (76%), Bio-Rohrzucker: sehr gut 10/10
F) sehr gut: nachhaltige und qualitätsbewusste Bean-to-Bar Schokoladenproduktion in Ecuador, seltener Nacional-Edelkakao aus nachhaltigem Anbau mit offiziellen Bio- und Fair-Zertifizierungen, faire und direkte Partnerschaft mit Kakaobauern 4/4
G) Gesamteindruck 6/6
Gesamtpunkte: 92/100
Fazit: Die Ernte im Jahr 2017 hingegen ist vor Naturkatastrophen-ähnlichen Zuständen wie ein Jahr davor glücklicherweise verschont geblieben, sodass eigentlich optimale Wachstumsbedingungen für die Kakaobäume im Piedra de Plata Tal gegeben waren. Man würde deshalb meinen, dass die 2017er Ernte noch aromatischer und komplexer sein müsste. Das Gegenteil ist jedoch der Fall. Geschmacklich ist diese dunkle Schokolade zwar sehr gut und auch sehr mild, gleichzeitig leider mit einem weniger vielschichtigen Aromenprofil ausgestattet. Daraus würde ich schlussfolgern, dass möglicherweise gerade wegen der drastischeren Naturgewalt, mit denen die ecuadorianischen Kakaobäume im wild tobenden Regenwald 2016 zu kämpfen hatten, sie eine Art natürlichen Überlebens-Modus (bzw. ein ähnlich funktionierendes Prinzip wie das der Autophagie beim Menschen, wenn er fastet oder polyphenolhaltige Lebensmittel zu sich nimmt) in sich aktiviert haben, der vielleicht die Aromen in den Kakaofrüchten intensiviert hat. Das ist natürlich nur reine Spekulation mit in der Natur geläufigen biologischen Prozessen. Allerdings war ich während dieser Zeitperioden ohnehin nicht vor Ort.
Geschmacklich dominiert in dieser Schokolade ein rahmig-milder Butterkeks-Charakter mit dezenten Kirsch- und Pflaumen-Noten sowie nussigen Pekannuss-Akzenten - also wohlschmeckend, gefällig ohne Fehlnoten und organoleptisch sauber, aber ohne außergewöhnliche Nuancen. Ihr kirschig-holziger Abgang ist zwar immer noch verhältnismäßig mild, verfügt allerdings über etwas stärker ausgebildete adstringierende Eigenschaften als der 2016er Jahrgang.
Ob dieses Aromenprofil ihrem Preis von etwa 35 Euro gerecht wird, sollte jeder für sich selbst beantworten. Denn die höhere Preisgestaltung ist neben Marketing-Aspekten vielmehr auf die Verwendung von alten und seltenen Nacional-Kakaobohnen und deren nachhaltige Anbau- und Produktionsweise im ecuadorianischen Dschungel zurückzuführen.
Die zusätzlich eingelegte Kakaobohne, die mittig in der quadratischen Aussparung der Schokoladentafel verzierend platziert ist, hat mich in aromatischer Hinsicht deutlich mehr überzeugt: sie schmeckt delikat röstig-nussig mit Pekannuss-Akzenten, beerig-pflaumigen Noten und leichten Orangen-Anklängen. Daraus lässt sich schließen, dass eventuell nicht das volle Potenzial der Kakaobohnen auf die Schokolade übertragen wurde.
Bemerkung: Als unparteiischer Schokoladen-Blogger vertrete ich keine einzelnen Hersteller oder Vertriebe und richte mich nur nach gutem Geschmack und den Werten der Schokoladenhersteller.
Wenn ich Interesse mit meinen Schokoladen-Empfehlungen geweckt habe, so möchte ich lediglich als Hilfestellung aufzeigen, wo und wie man derartige Schokoladen kaufen kann.
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