Wer die außergewöhnlich hohe Kakao-Vielfalt Perus, die zu den größten im gesamten Amazonas-Gebiet gehört, kennenlernen möchte, der sollte in meinen Augen auf jeden Fall auf die aromatischen Chuncho-Schokoladen von „Meybol Cacao“ zurückgreifen. Die genetische und historische Biodiversität in Bezug auf Edelkakao in Peru ist kein Zufall, zumal in der Region Cusco die botanische Geburtsstätte der Kakaopflanze vermutet wird. Diese wissenschaftliche Hypothese ist mittlerweile schon fast sicher, weil Chuncho im Vergleich zu allen anderen bisher entdeckten Kakaosorten mit der höchsten genetischen und geschmacklichen Vielfalt ausgestattet ist. Der Öko-Biologe Evert Thomas von der Organisation „Bioversity International“ ist gerade dabei, Tausende gesammelte Kakao-Proben aus dem Amazonas auszuwerten. In etwa zwei Jahren sollen die neuen Ergebnisse vorliegen und wir werden sehen, ob der Chuncho auch nach der neuen wissenschaftlichen Auswertung seine Stellung als die Mutter aller Kakaos behalten wird. Noch können wir nicht zu 100 Prozent ausschließen, dass es genetisch vielfältigere Kakao-Varietäten als den Chuncho im Amazonas nicht gibt.
Chuncho-Schokoladen – neuer Kakao-Erntejahrgang 2020
Vor kurzem hatte ich die Möglichkeit, von der aktuellen Jahrgangs-Ernte 2020 zwei neue Single-Village-Schokoladen (Chuncho-Selektionen No. 5 und No.7) aus dem peruanischen Quillabamba-Tal zu probieren. Da ich auch die gleichen Kakao-Ursprünge von „Meybol“ aus der letztjährigen Ernte 2019 kenne, war es sehr spannend festzustellen, wie sich die Aromenprofile innerhalb eines Jahres verändert haben. Die Schokoladen inklusive einer dritten Chuncho-Sorte (No. 3) werden ab diesen Herbst für Kakao-Feinschmecker verfügbar sein.
Sowohl für die Sorte No. 5 mit 70% als auch für No. 7 mit 80% Kakaoanteil werden von den Kakaobauern ausschließlich alte Chuncho-Sorten von etwa 60 Jahre Bäumen selektiert. Der Kakao zu beiden Ursprungs-Schokoladen stammt zwar aus der Region Cusco, aber von zwei voneinander ca. vier Autostunden entfernten Dörfern.
„Meybol Cacao“ ist ein junges Schokoladen-Unternehmen aus Hamburg, das von Meybol Antuantet Estendorfer-Moran gegründet wurde und sich auf seltene und hochwertige Edelkakao-Sorten aus nachhaltigem Anbau in Peru spezialisiert. Meybol’s Unternehmensphilosophie ist sozial und ökologisch ausgerichtet. Direkter Handel, eine transparente Partnerschaft auf Augenhöhe und persönlicher Kontakt zu den Kakaobauern, mit denen sie zusammenarbeitet, ist ihr sehr wichtig. Die gezahlten Preise für die seltenen Chuncho-Kakaos sind dementsprechend hoch angesetzt.
Die Geschäftsführerin von „Meybol Cacao“ ist gebürtige Peruanerin und lebt seit vielen Jahren in Deutschland. Da sie Kakao mit ihrer Heimat in Verbindung bringt und diese besondere Pflanze in Form von Schokolade schon immer sehr geliebt hat, entschloss sie sich, dieses Unternehmen zu gründen, um Menschen aus dem Westen wie z. B. aus Deutschland mit der peruanischen Kakaosorten-Diversität vertraut zu machen. Vor der Gründung der Schokoladenfirma war Meybol in Deutschland in der Gastronomie und als fremdsprachliche Wirtschaftskorrespondentin tätig.
Bean-to-Bar Schokoladenproduktion direkt in Peru
Die Bean-to-Bar Produktion der Schokoladen erfolgt in kleinen Microbatch-Mengen direkt in Peru - in einer Schokoladenmanufaktur des peruanischen Unternehmens "Delani". "Delani" spezialisiert sich auf die Konzeption und Herstellung von technisch innovativen Maschinen für die internationale Bean-to-Bar Szene. Auch in Peru entstehen immer mehr qualitative Schokoladenhersteller (z. B. Cacaosuyo, Shattell), die gerne auf die Geräte von Delani zurückgreifen.
Die Schokoladentafeln von "Meybol Cacao" werden puristisch, d. h. ohne Emulgatoren und ohne zusätzliche Aromen wie Vanille hergestellt. Die Produkte bestehen nur aus Kakaomasse und Rohrzucker und werden wohl eher kürzer conchiert (um geringere Aromenverluste zu erzielen), wodurch die Texturen zwar ein wenig körniger sind, aber noch ausreichend gute Schmelzeigenschaften haben.
2019 wurden die Chuncho-Schokoladen auf den "International Chocolate Awards" mit Medaillen ausgezeichnet.
"Meybol Cacao" besitzt auch eine eigene, fünf Hektar große Kakaoplantage im Norden Perus (Region Piura), in Batanes-Chulucanas. Auch auf dieser Farm werden Edelkakao-Sorten mit ökologischen Methoden angebaut.
Erhältlich sind die dunklen Ursprungs-Schokoladen von "Meybol Cacao" entweder direkt im firmeneigenen Onlineshop oder bei "Feine Schokoladen Dressler".
Bilder-Impressionen: "Meybol's" Partner-Kakaobauern in Peru/Cusco:
Schokoladentests: Chuncho-Schokoladen von "Meybol Cacao"
(A) Duftaromen: 25 / 25 Punkte
(B) Geschmacksaromen: 50 / 50 Punkte
(C) Optik: 2 / 2 Punkte
(D) Textur: 3 / 3 Punkte
(E) Zutaten: 10 / 10 Punkte
(F) Nachhaltigkeitseinschätzung: 4 / 4 Punkte
(G) Gesamteindruck: 6 / 6 Punkte
Meine Schokoladen-Bewertungen findet ihr ab sofort parallel auch auf der Homepage von "dokeshi", wo ich als Schokoladen-Sommelier objektiv Produkte von Bean-to-Bar Herstellern hin auf ihre sensorischen Eigenschaften beurteile
Meybol Cacao - Chuncho Nr. 7 - Peru/Cusco (80% Kakaoanteil)
MHD Charge: 03.12.2021
Kakaoherkunft: Peru, Region "Cusco", Quillabamba-Tal
Kakaovarietät: selektierte Kakao-Varietät (Chuncho) - "Chuncho Nr. 7"
Ernte-Jahrgang: 2020
A) Duftaromen: intensive Fruchtnoten (v. a. rote und dunkle Waldbeeren, Sauerkirschen, Pflaumen) mit vegetabil-blumigen, melassigen und nussigen Akzenten 23/25
B) Geschmacksaromen: zuerst malzig-(blau)beerige und nussig-cremige Akzente, Hauptteil mild-nussig, malzig und cremig mit fruchtig-lieblichen Beeren-Marmeladen-Charakter (v. a. Noten von Waldbeeren, Sauerkirschen, Datteln, Trockenfrüchten), dezente blumige und melassige Akzente, milde Gräser-Noten, Abgang beerig-marmeladig und mild-vegetabil mit delikaten Tee- und Kräuter-Anklängen, Nachgeschmack bemerkenswert mild, fast ohne Bitterkeit und Adstringenz mit leichten Melasse- und Holz-Tönen 47/50
C) Optik: etwas uneben gegossen, aber ok 2/2
D) Textur: Schmelzeigenschaften etwas körnig und bröselig, aber ok 3/3
E) Zutaten: Kakaomasse, Rohrzucker: sehr gut 10/10
F) sehr gut: nachhaltige Bean-to-Bar Schokoladenproduktion direkt in Peru, alter Chuncho-Kakao aus nachhaltigem Anbau, faire und direkte Partnerschaft mit Kakaobauern 4/4
G) Gesamteindruck 6/6
Gesamtpunkte: 95/100
Fazit: Wie schon in der Ernte 2019 hat auch der aktuelle 2020er Jahrgang einen ähnlich milden Kakao-Charakter mit kaum vorhandenen Bitterakzenten und nur sehr wenig Adstringenz hervorgebracht, obwohl der Kakaogehalt für die neue Auflage von 77 sogar auf 80 Prozent erhöht wurde. Unterschiede zum Vorjahr sind vor allem geschmacklich feststellbar. War die 2019er Schokolade von einem säurehaltigeren Birnen-Aprikosen-Mix mit Noten von Zitrusfrüchten und Maracuja inklusive blumiger und nussiger Akzente geprägt, so ist die neue Chuncho-Version in ihrer Fruchtigkeit deutlich lieblich-marmeladiger, säureärmer und malziger geworden. Ihr Aromaprofil zeigt einen malzbetonten und karamellig-fruchtigen Waldbeer-Kirsch-Dattel-Charakter, der von cremig-nussigen, melassigen und leicht blumig-kräuterigen Akzenten unterstützt wird. Zum Schluss tritt auch eine karamellige Tee-Note in Erscheinung. Im Verhältnis zu ihrem Kakaoanteil von 80 Prozent wirkt sie supermild und erstaunlich süß, sodass man sie getrost für eine 70-prozentige Schokolade halten könnte. Im Abgang entwickeln sich kaum bittere und adstringierende Töne und auch im Nachgeschmack ist davon kaum etwas zu spüren. Auch sehr interessant ist bei dieser Schokolade die Tatsache, dass ihre Fruchtigkeit zwar eine große Präsenz hat, aber dennoch außergewöhnlich säurearm ist. Es entwickelt sich nämlich keine prägnante und spritzige Säure, wie man sie z. B. beim Kakao aus Piura oder Madagaskar zum Teil auch sehr extrem kennt. Alles in allem ist es eine Weltklasse-Schokolade, die alle essenziellen organoleptischen Eigenschaften, die man auf diesem Niveau erwartet, miteinander harmonisch vereint. 2020 habe ich bisher keine bessere Schokolade als diese neue Chuncho-Kreation von Meybol probiert, auch wenn die Schmelzeigenschaften nicht perfekt sind. Aber einen Spitzenplatz in meinem persönlichen Schokoladen-Ranking hat sie sich absolut verdient. Aus diesem Grund bin ich umso gespannter auf Martin Mayer's neue Chuncho-Interpretation mit Hochland-Edelkakao aus dem Dorf Belempata in Occabamba, um feststellen zu können, ob das Niveau von Meybol noch getoppt werden kann. Diesen Herbst wird diese limitierte Chuncho-Sonderedition bei "dokeshi" erscheinen.
Meybol Cacao - Chuncho Nr. 5 - Peru/Cusco (70% Kakaoanteil)
MHD Charge: 03.12.2021
Kakaoherkunft: Peru, Region "Cusco", Quillabamba-Tal
Kakaovarietät: selektierte Kakao-Varietät (Chuncho) - "Chuncho Nr. 5"
Ernte-Jahrgang: 2020
A) Duftaromen: prägnante Fruchtnoten (v. a. Passionsfrucht, Aprikose, Apfel, Birne, Ananas) mit blumig-vegetabilen und cremig-sahnigen Akzenten 22/25
B) Geschmacksaromen: zuerst rahmige, blumig-kräuterige und nussige Akzent; Hauptteil fruchtbetont (v. a. Noten von Birne, Apfel, Aprikose, Banane) und dezent blumig mit nussigen Akzenten und leicht sahnigen Mascarpone-Anklängen; Abgang kräuterig-blumig, dezent holzig und leicht zitronig mit dezenter Bitterkeit und Adstringenz, Nachgeschmack vegetabil-holzig mit begleitenden Bittertönen 45/50
C) Optik: etwas uneben gegossen, aber ok 2/2
D) Textur: Schmelzeigenschaften etwas körnig und bröselig, aber ok 3/3
E) Zutaten: Kakaomasse, Rohrzucker: sehr gut 10/10
F) sehr gut: nachhaltige Bean-to-Bar Schokoladenproduktion direkt in Peru, alter Chuncho-Kakao aus nachhaltigem Anbau, faire und direkte Partnerschaft mit Kakaobauern 4/4
G) Gesamteindruck 6/6
Gesamtpunkte: 92/100
Fazit: Im Vergleich zum Jahr 2019 hat sich auch bei dieser Chuncho-Schokolade das Aromenprofil verändert, leider ist sie auch etwas bitterer geworden. Letztes Jahr dominierten vor allem rote Früchte sowie rote und dunkle Beeren (rote Trauben, rote Johannisbeeren, Heidelbeeren und Brombeeren). Im neuen Jahrgang zeigt sich ihr fruchtbetonter Charakter mit deutlich helleren Früchten: in Form eines Birne-Apfel-Aprikose-Mixes, der von leichten Bananen-Anklängen sowie blumigen, sahnigen und nussigen Akzenten unterstützt wird. In aromatischer Hinsicht ist auch die neue Ernte zwar auf keinen Fall schlecht, jedoch im Gegensatz zum Vorjahr von einer stärkeren Bitterkeit und Adstringenz begleitet, die zum Abgang hin am deutlichsten in Erscheinung tritt. Grundsätzlich ist das geschmackliche Resultat jedoch zufriedenstellend. Laut Frau Meybol hätte man eine höhere Kakao-Qualität erreichen können, wenn die Corona-Pandemie nicht in die Quere gekommen wäre. Das ist natürlich verständlich, weil die Corona-Krise uns allen Menschen auf der Welt sehr zu schaffen macht. Gerade wegen den großen Herausforderungen und Gefahren durch Corona ist diese Leistung, die die Kakaobauern in Peru und in anderen Ländern Süd- und Mittelamerikas in den letzten Monaten geleistet haben, umso höher zu bewerten. Denn Menschenleben und Solidarität sollten meiner Meinung nach immer an erster Stelle stehen.
Bemerkung: Als unparteiischer Schokoladen-Blogger vertrete ich keine einzelnen Hersteller oder Vertriebe und richte mich nur nach gutem Geschmack und den Werten der Schokoladenhersteller.
Wenn ich Interesse mit meinen Schokoladen-Empfehlungen geweckt habe, so möchte ich lediglich als Hilfestellung aufzeigen, wo und wie man derartige Schokoladen kaufen kann
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