Ritter Sport - "Cacao Y Nada" im Test

 

Limitierte "Cacao Y Nada" Schokolade von "Ritter Sport" - Quintessenz:

  • Innovation (ökologisch, sozioökonomisch und organoleptisch/geschmacklich): mit Kakaosaft-Extrakt gesüßt anstelle von normalem Zucker
  • Nachhaltigkeit: hergestellt mit sozial und ökologisch nachhaltigen Edelkakaobohnen aus der Agroforst-Plantage in Nicaragua "El Cacao", die Ritter Sport mit sozialem und transparentem Bewusstsein betreibt
  • Qualität: nach "Bean-to-Bar" Prinzipien hergestellt wie in einer qualitativen Schokoladenmanufaktur (nicht in der großen Hauptfabrik, sondern bewusst mit kleinen Maschinen)
  • Geschmack: hochwertigere, interessantere Kakaoaromen als in den Standard-Industrieschokoladen von Ritter Sport oder in Supermarkt-Schokoladen, d. h. Geschmacks-Niveau (noch) nicht auf einem Top-Level wie bei den weltbesten Manufakturen (z. B. Soma, Karuna, Standout Chocolate, Friis-Holm, Encuentro Chocolat, Fruition), aber zumindest mit deutlich erkennbarer Tendenz in eine Richtung von mehr ganzheitlichem Qualitäts- und Feinschmecker-Bewusstsein
  • Geschicktes Marketing: 100% Kakao und trotzdem süß, weil alle Zutaten, auch der Süßstoff, vom Kakao stammen, aber gleichzeitig umstrittene Behauptung: laut Ritter Sport offiziell keine regelkonforme "Schokolade", da kein normaler Zucker oder gesetzlich zugelassene Zuckerart enthalten sei --> mittlerweile von der Politik widerlegt: eine Bezeichnung als "Schokolade" wäre auch mit Kakaosaft als alternative Zuckersorte legal

Hinweis: Der süße Kakaosaft ist zwar in vielerlei Hinsicht interessant als alternative Zuckerart und möglicherweise insgesamt nachhaltiger, jedoch ähnlich "kohlenhydratreich" wie "gewöhnlicher Zucker", d. h. weder "Low-Carb" noch "Diabetiker-freundlich".

 

Ritter Sport brachte Anfang Februar 2021 mit dem Kakao-Produkt "Cacao Y Nada" eine stark limitierte Schokoladensorte auf den Markt, die mit Kakaosaft (gewonnen aus dem Fruchtfleisch der Kakaofrucht) anstelle von normalem Zucker gesüßt ist. Insgesamt nur 2300 Tafeln hat Ritter Sport produziert. Obwohl eine 57-Gramm Tafel rund 5 Euro kostete, war sie innerhalb von wenigen Minuten im Onlineshop von Ritter Sport ausverkauft (das Produkt war an 2 Tagen immer nur für eine kurze Zeit verfügbar).

 

Übrigens: "Cacao Y Nada" ist Spanisch und bedeutet wortwörtlich übersetzt: "Kakao und nichts" - eine Anspielung auf den fehlenden Industriezucker, da eine alternative Süße von der Kakaofrucht gewählt wurde.

 

Eine Schokolade, die nicht Schokolade heißen darf - kluge, aber umstrittene Marketing-Strategie von "Ritter Sport"

 

Aufgrund des Fehlens von konventionellem Zucker darf das Produkt laut Ritter Sport offiziell nicht als "Schokolade" bezeichnet werden. Deshalb ist hier von einer "Kakaofrucht-Tafel" auf der Verpackung die Rede. Dieser rechtliche Umstand ist jedoch ziemlich umstritten (kluges Marketing?). Denn die Bundesernährungsministerin Julia Klöckner hat den taktisch smarten Marketing-Gag mittlerweile widerlegt. Ritter Sport darf  sehr wohl die neue Kakao-Kreation Schokolade nennen. Die Begründung der Ministerin lautet wie folgt: "Die Kakaoverordnung begrenzt die Verwendung zuckerhaltiger Zutaten nicht auf bestimmte Zuckerarten. Deshalb müsste ein Produkt, das natürlichen Kakaosaft verwendet, nach Einschätzung unseres Ministeriums auch unter der Bezeichnung Schokolade verkauft werden dürfen.“

 

"Bean-to-Bar" Herstellung in eigener Manufaktur von Ritter Sport - mit nachhaltigem Agroforst-Kakao von firmeneigenen Plantage "El Cacao" in Nicaragua

 

Hergestellt wurde die limitierte "Cacao Y Nada" unter Manufaktur-ähnlichen Bean-to-Bar Bedingungen mit kleinen Maschinen, d. h. so wie man es von einer vorbildlichen Schokoladenmanufaktur erwarten würde. Dass die Produktion tatsächlich auf diese Weise ablief, kann man in diesem Blog-Beitrag von Ritter Sport nachlesen.

 

Verwendet wurden Kakaobohnen von der auf Agroforst-Prinzipien basierenden Kakao-Plantage "El Cacao" (hierzu gibt es eine sehenswerte Galileo-Reportage über die nicaraguanische Kakao-Plantage) in Nicaragua, die Eigentum von Ritter Sport ist. Schon die limitierte Schokoladen-Sorte "Erste Ernte", eine dunkle Vollmilchschokolade mit 54% Kakaogehalt, die es im Dezember 2018 gab, wurde mit diesem nachhaltig angebauten Kakao hergestellt. Wenn dich interessiert, wie die "Erste Ernte" geschmeckt hat und welche Geschichte dahinter steckt, dann klicke "hier" und du erfährst meine damalige Qualitätsbeurteilung.

 

"Cacao Y Nada" - alle Zutaten stammen vom Kakao - auch die Süße, die vom Kakaosaft gewonnen wird

 

Wie bereits erwähnt wurde, ist die "Cacao Y Nada" ohne raffiniertem Zucker gesüßt, sondern mit Kakaosaft, der natürlich auch von Natur aus süß ist. Was die Herstellung des auf Kakaosaft basierendem Süßstoff betrifft, gibt Ritter Sport keine genauen Details preis. Man erfährt lediglich, dass es sich um ein innovatives Verfahren handelt, bei dem der Kakaosaft aus dem Fruchtfleisch der Kakaofrucht gewonnen wird, was ja logisch ist.

 

Der Saft, der sich während des Fermentationsprozesses verflüssigt, wird gesammelt, gefiltert und gereinigt. Welche Verarbeitungsschritte anschließend passieren, bleibt ein streng gehütetes Betriebsgeheimnis von Ritter Sport.

 

Ich vermute aber, dass der Kakaosaft sicherlich auf irgendeine Weise entwässert wird, damit daraus ein sirup-ähnliches oder wohl eher pulvrige Substanz entsteht, das zumindest strukturell und chemisch an Zucker bzw. wasserfreies Extrakt erinnert. Ich könnte mir sehr gut vorstellen, dass der aus Kakaosaft gemachte Zuckerersatz z. B. vergleichbare Eigenschaften wie z. B. Kokosblütenzucker oder Dattelsüße haben könnte. Aber das sind nur meine persönlichen, hypothetischen Überlegungen. Zuckerähnliche Eigenschaften scheinen aus meiner Sicht logisch zu sein, da die auf Kakaofett basierende Textur von Schokolade sich nicht mit Wasser verbinden würde, zumal die "Cacao Y Nada" ohnehin ohne Hilfsstoffe wie Emulgatoren gemacht wurde.

 

Fraglich jedoch bleibt, warum auch fettarmes Kakaopulver in der Rezeptur enthalten ist. Das hätte doch nicht sein müssen, oder? Möglicherweise hat das zugesetzte Kakaopulver in diesem Fall einen emulgator-ähnlichen Effekt, um gerade wegen der Präsenz des Kakaosaft-Extrakts alle Kakao-Bestandteile effektiver miteinander verbinden zu können.

 

Die "Cacao Y Nada" setzt sich aus folgenden Zutaten zusammen: Kakaomasse, Kakaosaft, Kakaobutter, magerer Kakao.

 

Wie ist die geschmackliche Qualität von Ritter Sport's "Cacao Y Nada" einzustufen?

 

Im Geschmack zeigt sie sich ziemlich mild und nur wenig bitter. Sie ist auf jeden Fall nicht schlecht, denn sie verfügt über delikate, interessante Aromen-Andeutungen. Aber sie ist auch keine überragende Schokolade, die mit den allerbesten Schokoladenmanufakturen Europas oder Nordamerikas mithalten könnte. Qualitativ ist sie jedoch besser als die allermeisten Standard-Produkte, die man in den Supermärkten, Discountern, Drogerien, Biomärkten und Confiserien vorfindet wie z. B. von Lindt, Hachez, Vivani oder Gepa.

 

Das Qualitätsniveau der "Cacao Y Nada" ist meines Erachtens am ehesten mit den dunklen Schokoladen-Blends von Zotter vergleichbar, welche sich durch milde, harmonische und eher gebändigte Aromen und eine etwas kräftigere Röststärke auszeichnen.

Anhand ihrer Süßkraft hat die "Cacao Y Nada" eine Kakao-Intensität, die etwa mit einer klassischen 70 bis 75-prozentigen klassischen Dunkelschokolade vergleichbar wäre. Sie hat relativ milde und liebliche Aromen von Karamell, Melasse, Nuss-Nougat und Karottensaft, die von dezenten Gräser-, Trauben- und Lychee-Anklängen begleitet werden - getragen von einer dominanten, aber nicht zu intensiven Röstigkeit.

 

Da es mir nicht gelungen ist, die "Cacao Y Nada" im Onlineshop zu kaufen, hat mir Ritter Sport auf meine Nachfrage hin eine Probetafel bedingungslos zukommen lassen, d. h. die von mir gefällte Qualitätsbeurteilung ist meine eigene, persönliche Meinung und in keinster Weise von Ritter Sport beeinflusst worden.

 

Schokoladentest: "Cacao Y Nada" von "Ritter Sport"

 

Meine Bewertungskriterien:

(A) Duftaromen: 25 / 25 Punkte

(B) Geschmacksaromen: 50 / 50 Punkte

(C) Optik: 2 / 2 Punkte

(D) Schmelz: 3 / 3 Punkte

(E) Zutaten: 10 / 10 Punkte

(F) Nachhaltigkeitseinschätzung: 4 / 4 Punkte

(G) Gesamteindruck: 6 / 6 Punkte

 

Cacao Y Nada - Ritter Sport

 

MHD: 15.07.2021

Kakaoherkunft: Nicaragua, Ritter Sport Plantage "El Cacao" (in der Nähe von Matagalpa)

Kakaovarietät: ortstypische Kakao-Varietäten

 

A) Duftaromen: intensive Karamell-Melassen-Noten mit grasig-vegetabilen und nussigen Akzenten inkl. dezenter Weintrauben-Fermentations-Noten 21/25

B) Geschmacksaromen: zuerst liebliche Karottensaft-ähnliche Noten mit Melasse und Nougat; Hauptteil geprägt von karamellbetonten Nuss-Nougat-Melassen-Charakter mit prägnanter Karottensaft-Note und vegetabil-grasigen Anklängen, dezente Fruchtigkeit mit Noten von Lychee und leicht fermentierten, dezent scharfen Weintrauben im Finale; Abgang grasig-holzig, leicht nussig, prägnant röstig mit dezenter Säure; Adstringenz im Nachgeschmack vorhanden, aber nicht stark ausgebildet  44/50

C) Optik: sehr gut 2/2

D) Schmelz: gelungene Schmelzeigenschaften 3/3

E) Zutaten: Kakaomasse, Kakaosaft, Kakaobutter, magerer Kakao: sehr gut 10/10

F) Nachhaltigkeit: sehr gut: sozial und ökologisch nachhaltiges Kakao-Projekt auf Plantage "El Cacao" in Nicaragua 4/4

G) Gesamteindruck: 6/6

Gesamtpunkte: 90/100

 

Fazit: Ritter Sport möchte zwar nicht verraten, wie hoch der prozentuelle Anteil an Kakaosaft in der "Cacao Y Nada" ist. Aber wenn ich schätzen muss, ist die von mir wahrgenommene Kakao-Intensität und Süßkraft am ehesten mit einer klassischen Dunkelschokolade mit 70 bis 75 Prozent Kakaogehalt vereinbar (laut der Nährwertangabe enthält das Produkt 29% Kohlenhydrate und davon 25% Zucker, d. h. der Kakaosaft-Anteil liegt vermutlich bei ca. 25%, was mit der vorkommenden Kakao-Stärke geschmacklich treffend einhergeht).

 

Die Schokolade zeichnet sich aromentechnisch vor allem durch einen milden, lieblich, aber gleichzeitig etwas röstiger gestalteten Karamell-Melasse-Nuss-Nougat-Charakter aus, der von einer interessanten Karottensaft-Note sowie dezenten grasigen und leicht fruchtigen Lychee- und Trauben-Akzenten unterstützt wird. Die im späteren Verlauf etwas deutlicher werdende, aber relativ gebändigte Fruchtkomponente mit leichten Lychee- und Trauben-Elementen ist vermutlich auf den Kakaosaft zurückzuführen.

 

Der Röstgrad ist insgesamt eher kräftiger, aber bei weitem nicht so intensiv wie z. B. bei Bonnat oder Pralus (von der Stärke her am ehesten mit dem Röst-Stil von Zotter vergleichbar). Dominante Bitterstoffe sind hier erfreulicherweise kaum präsent. Eine dezente Adstringenz zeigt sich zwar im Abgang, ist aber nur gemäßigt ausgebildet und nicht weiter störend.

 

Alles in allem ist die "Cacao Y Nada" keine schlechte, aber auch keine sensationell aromatische Dunkelschokolade. Sie ist wenig bitter und mit einem lieblichen Melasse-Karamell-Grundton ausgestattet, auf eine positive Weise schön schokoladig mit grasigen Noten, hat interessante Nebenaromen von Karottensaft und nussigem Nougat sowie eine dezente, geschmacklich positiv auffallende Form von Fruchtigkeit.

 

Die "Cacao Y Nada" ist zwar lediglich nur eine stark limitierte Schokolade, die längst ausverkauft ist. Aber es ist trotzdem meiner Meinung nach definitiv die bisher geschmacklich und aromatisch gelungenste Kakao-Kreation von Ritter Sport. Sie gefällt mir sogar einen Tick besser als die limitierte "Erste Ernte" vom Dezember 2018, weil die Kakaofrucht-Tafel in aromatischer Hinsicht noch mehr Tiefe und Spannung besitzt. Wahrscheinlichster Grund: höherer Kakaomasse-Anteil (bestimmt mindestens 50 - 60 %) und keine Verwendung von abpufferndem Vollmilchpulver.

 

 

Bemerkung: Als unparteiischer Schokoladen-Blogger vertrete ich keine einzelnen Hersteller oder Vertriebe und richte mich nur nach gutem Geschmack und den Werten der Schokoladenhersteller.

Wenn ich Interesse mit meinen Schokoladenempfehlungen geweckt habe, so möchte ich lediglich als Hilfestellung aufzeigen, wo und wie man derartige Schokoladen kaufen kann.

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