Die niederländische Schokoladenmanufaktur "Heinde & Verre" aus Rotterdam, vom Partnerduo Jan-Willem Jekel und Ewald Rietberg gegründet, hat zu Beginn des Jahres 2023 drei neue, geschmacklich spannende Schokoladensorten auf den Markt gebracht:
eine 71% klassisch-dunkle Schokolade mit fruchtig-orangigen und vegetabil-kräuterigen Venezuela-Edelkakao von der Agroforst-Plantage Los Laureles der Familie Marquez, eine 53-prozentige Milchschokolade mit niederländischer Vanille aus einem Gewächshaus (Forschungsprojekt der Universität Wageningen) und mit Grenada-Edelkakao (von L'Esterre Farm) sowie eine 50% Milchschokolade (Kakao-Blend: Peru Ucayali; Dominikanische Rep. Öko Caribe; Bali - Kerta Semaya Samaniya Kooperative), die mit typisch niederländischen Spekulatius-Gewürzen veredelt wurde.
Hier findet ihr weitere Heinde & Verre Schokoladen-Tests von mir.
Wer an den neuen Schokoladen von Heinde & Verre interessiert ist, zu kaufen gibt es die Schokolade aktuell unter anderem in folgenden Schokoladen-Onlineshop: Kiki's Pralinenwelt (Theobroma Cacao Shop) und Chocoladeverkopers.
Tipp: Hier gibt es ein lesenswertes Interview mit den Gründern von Heinde & Verre (im Schoko-Magazin "Theobroma Cacao").
Schokoladentests: 2023er Ursprungs-Schokoladen von "Heinde & Verre"
(A) Duftaromen: 25 / 25 Punkte
(B) Geschmacksaromen: 50 / 50 Punkte
(C) Optik: 2 / 2 Punkte
(D) Schmelz: 3 / 3 Punkte
(E) Zutaten: 10 / 10 Punkte
(F) Nachhaltigkeitseinschätzung: 4 / 4 Punkte
(G) Gesamteindruck: 6 / 6 Punkte
Heinde & Verre - Zesty Venezuela - Dark 71%
MHD Charge: 12.04.2024
Kakaoherkunft: Venezuela, Serrania Perija Tal, Los Laureles Plantage (Familie Marquez)
Kakaovarietät: lokale Guasare-artige Kakao-Varietäten
A) Duftaromen: rassiger Zitrusfrüchte-Charakter (v. a. Orangen, Limetten, Mandarinen) mit frischen Minz-Kräuternoten und dezenten Malzkaramell-Anklängen, mild-liebliche Röstung 22/25
B) Geschmacksaromen: anfänglich malzige, keksig-vegetabile und karamellige Akzente, Hauptteil rassiger zitrusbetonter Limetten-Orangen-Charakter mit dezenten kräuterigen Minz-Akzenten und karamellig-malzigen Noten, leichte vegetabile Ingwer-und Zitronengras-Anklänge, Abgang vegetabil-kräuterig, leicht minzig, orangig mit zitronigen Anklängen, Bitterkeit und Adstringenz gering, schonende und milde Röstung, aromatisch-harmonisch und gleichzeitig super mild - Weltklasse! 47/50
C) Optik: sehr gut 3/3
D) Textur: sehr gute Schmelzeigenschaften 3/3
E) Zutaten: (Kakaomasse, Kakaobutter 71%), Zucker: perfekt 10/10
F) sehr gut: nachhaltige und qualitätsbewusste Bean-to-Bar Schokoladenproduktion, Verwendung von hochqualitativen und seltenen Kakaosorten aus nachhaltigem Bio-Anbau, faire und direkte Partnerschaft mit Kakaobauern 4/4
G) Gesamteindruck 6/6
Gesamtpunkte: 93/100
Fazit: In Bezug auf Aromenkomplexität, Lieblichkeit, geschmacklicher Harmonie und Schmelzeigenschaften ist Heinde & Verre's neue Venezula-Dunkelschokolade meiner Ansicht nach relativ gut gelungen. Es ist daher zweifellos eine qualitativ erstklassige Single-Plantation-Schokolade, allerdings in aromatischer Hinsicht qualitativ (immer noch) nicht auf dem Niveau wie einst die fulminante, stark limitierte "Last Renteng Java". Diese Tatsache hat jedoch in meinen Augen vor allem mit der Aromenqualität des Edelkakaos zu tun. Technisch gesehen hat "Heinde & Verre" dem geschmacklichen Ergebnis der "Zesty Venezuela" zufolge - so scheint es mir - wohl nahezu das Maximum herausgeholt. Denn die indonesischen Kakaobohnen von der leider längst abgeholzten Plantage "Perkebunan Nusantra XII" scheinen ein bis dato kaum zu toppendes Qualitätsniveau gehabt zu haben.
Die Aromenbeschreibung des niederländischen Herstellers stimmt bei dieser neuen Sorte sogar nahezu mit meiner eigenen sensorischen Beurteilung überein. Auch bei mir entfaltet sich ein äußerst prägnanter Zitrusfrüchte-Charakter mit den mittlerweile typisch für Heinde & Verre milden, karamellig-malzigen Eigenschaften. Schwerpunktmäßig kommen geschmackliche Komponenten von insbesondere Orangen, aber auch Limetten sowie Mandarinen dominant zur Geltung. Außerdem zeigen sich leichte vegetabil-artige Nebennoten in Form von Minze, Ingwer und Zitronengras-Andeutungen sowie weiteren, nicht näher zu definierenden Kräutern. Ein weiteres aromatechnisches Merkmal, das mir immer wieder bei den allermeisten Schokoladen von Heinde & Verre wie auch bei dieser neuen Schokolade auffällt, sind die in organoleptischer Hinsicht geschmacklich faszinierend gut gelungenen Röstakzente: Positiv hervorzuheben ist hierbei die Tatsache, dass die Röst-Nuancen quasi begleitend nebenher - also im geschmacklichen Hintergrund in Bezug auf das gesamte Aromenprofil fungieren - einerseits bemerkenswert mild in Erscheinung treten, andererseits eine bei Bean-to-Bar Manufakturen selten vorzufindende Harmonie-Balance aufweisen, ohne dass unangenehme Röstnoten in Richtung Verbranntsein zu erschmecken sind, sondern vielmehr liebliche, karamellartige Eigenschaften hervorgehoben werden. Da Heinde & Verre auch bei dieser Schokolade mit mehreren Röstprofilen gearbeitet hat, genauer gesagt 3, welche anschließend zusammengesetzt wurden - mit dem Ziel ein möglichst komplexes Aromenprofil zu erzielen - vermute ich, dass sicherlich dieses einzigartige und nach wie vor relativ innovative Röstverfahren zu diesem, von mir wahrgenommenen Geschmacksresultat beigetragen hat.
Was Bitterstoffe und adstringierende Eigenschaften anbelangt, die bei Kakao in der Regel am deutlichsten im Abgang dominieren, kommen diese Aspekte hier wenig ausgeprägt zur Geltung. Alles in allem handelt es sich um eine insgesamt aromatisch interessante, harmonisch schön ausbalancierte und lieblich akzentuierte Ursprungs-Schokolade mit einem für Venezuela-Edelkakao eher selten anzutreffenden vegetabil-orangig-zitronigen Profilspektrum, die gleichzeitig kaum negative Bitterkeit sowie eine nahezu perfekt gelungene Röstungs-Harmonie (d. h. weder zu stark, noch zu schwach) aufweist. Lediglich in Bezug auf Aromen-Vielschichtigkeit gäbe es eventuell noch Luft nach oben, wobei die Schokolade auch in ihrer aktuellen Verfassung bereits auf Weltklasse-Niveau einzustufen ist und der Kakao von der Familie Marquez möglicherweise ohnehin nichts (noch) Besseres zulässen würde (?). Wenn man als Kakao-Enthusiast mal etwas aromatisch Seltenes aus Venezuela probieren möchte, dann sollte man die "Zesty Venezuela 71%"auf jeden Fall nicht missen!
Heinde & Verre - First Dutch Grown Vanilla Bean - Milk 53%
MHD Charge: 02.02.2024; Tafel 225/1500
Kakaoherkunft: Grenada, L'Esterre Farm (Familie Ramdhanny)
Kakaovarietät: ortstypische Kakao-Varietäten
A) Duftaromen: prägnanter Schokoladenmilch-Charakter a la "Chocomel" mit rahmigen und leicht vegetabil-grasigen Akzenten, milde Vanille-Noten, dezente Toffee- und Malz-Anklänge, mild-liebliche Röstakzente 21/25
B) Geschmacksaromen: anfänglich malzig-kakaoige und milchkaramellige Noten, Hauptteil prägnanter purer Chocomel-Schokoladenmilch-Charakter mit lieblichen Waffel- und Toffee-Noten, dezente Vanille-Akzente, Abgang karamellig-wafflig und leicht erdnussig mit milden Milch-Anklängen, Bitterkeit und Adstringenz gering, schonende und milde Röstung, harmonisch-milchschokoladig und karamellig-wafflig - Aromenprofil erinnert an Mix aus "Chocomel" und "Lion-Riegel" 44/50
C) Optik: sehr gut 3/3
D) Textur: sehr gute Schmelzeigenschaften 3/3
E) Zutaten: (Kakaomasse, Kakaobutter 53%), Zucker, Milchpulver, Vanille, Sonnenblumenlezithin: perfekt 10/10
F) sehr gut: nachhaltige und qualitätsbewusste Bean-to-Bar Schokoladenproduktion, Verwendung von hochqualitativen Kakaosorten aus nachhaltigem Bio-Anbau, faire und direkte Partnerschaft mit Kakaobauern 4/4
G) Gesamteindruck 6/6
Gesamtpunkte: 90/100
Fazit: Das Highlight in dieser streng limitierten 53-prozentigen Grenada-Milchschokolade (nur insgesamt 1500 Tafeln) ist zweifelsohne die besondere Vanille, die von der niederländischen Universität Wageningen im Gewächshaus gezüchtet wurde, und weniger ein einzigartiges Aromenspektakel. Geschmacklich und qualitativ ist sie aber hinsichtlich ihres Hauptzwecks als eher süßeres Genussmittel sehr gut gelungen. Ihr lieblich und mild-schokoladig ausgerichtetes Aromenprofil erinnert am ehesten an einen Mix aus "Chocomel"-Schokoladenmilch und Lion-Schokoriegel. Neben prägnanter Noten von kakaoiger Schokoladenmilch, treten auch intensive Akzente von Toffeekaramell und Waffeln inkl. dezenter Erdnuss-Anklänge in Erscheinung. Die hinzugefügte Vanille ist ebenso schmeckbar, aber nicht sehr dominant, sodass sich ein insgesamt harmonisches und geschmacklich gefälliges Gesamtbild ergibt.
Heinde & Verre - Dutch Speculaas - Milk 50%
MHD Charge: 12.01.2024
Kakaoherkunft: Blend aus 3 Ländern - Peru (Ucayali, Colpa de Loros Kooperative), Dominikanische Republik (Öko Caribe Kooperative), Bali (Indonesien, Kerta Semaya Samaniya Kooperative)
Kakaovarietät: ortstypische Kakao-Varietäten
A) Duftaromen: intensiver spekulatiusartiger Keks-Lebkuchen-Charakter mit prägnanten Noten von Winter-Gewürzen und Milchkaramell, mild-liebliche Röstung 21/25
B) Geschmacksaromen: anfänglich keksig-würzige und karamellige Akzente, Hauptteil prägnanter Karamell-Keks-Charakter a la Lotus-Spekulatius mit intensiven Lebkuchen-artigen Gewürz-Noten und leichten Orangen-Anklängen, leichte Salz-Anklänge, Abgang milchkaramellig mit würzig-keksigen Akzenten und leicht salzig, Bitterkeit und Adstringenz gering, schonende und milde Röstung 44/50
C) Optik: sehr gut 3/3
D) Textur: sehr gute Schmelzeigenschaften 3/3
E) Zutaten: (Kakaomasse, Kakaobutter 50%), Zucker, Milchpulver, Spekulatius Gewürzmischung, Sonnenblumenlezithin: perfekt 10/10
F) sehr gut: nachhaltige und qualitätsbewusste Bean-to-Bar Schokoladenproduktion, Verwendung von hochqualitativen und seltenen Kakaosorten aus nachhaltigem Bio-Anbau, faire und direkte Partnerschaft mit Kakaobauern 4/4
G) Gesamteindruck 6/6
Gesamtpunkte: 90/100
Fazit: Alles in allem eine interessant-weihnachtlich und mild-lieblich schmeckende kakaointensive, zutatenmäßig veredelte Milchschokolade, deren Aromenprofil einen quasi Karamell-Keks-Gewürz-Charakter a la Lotus-Gebäck mit prägnanten Noten von Spekulatius-Gewürzen inkl. leichter Orangen- und Salz-Anklänge aufweist. Die Schokolade hat zwar gut gelungene Schmelzeigenschaften, wobei man auch eine sehr leichte Grobkörnigkeit in der Textur im Gaumen erspüren kann, was auf die hinzugefügten Spekulatius-Gewürze zurückzuführen ist. Diese haptisch in Erscheinung tretenden Sensorik-Eigenschaften sind jedenfalls in keinster Weise störend, sondern meiner Beurteilung nach organoleptisch vielmehr als eine Art Extra-Bonus in positiver Hinsicht zu bewerten.
Hinweis: Als unparteiischer Schokoladen-Blogger vertrete ich keine einzelnen Hersteller oder Vertriebe und richte mich nur nach gutem Geschmack und den Werten der Schokoladenhersteller.
Wenn ich Interesse mit meinen Schokoladenempfehlungen geweckt habe, so möchte ich lediglich als Hilfestellung aufzeigen, wo und wie man in jeder Hinsicht qualitative und nachhaltige Schokoladen kaufen kann.
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